Die fromme Freundschaft hat der Herr
Gelobt im Leben oft und oft:
Wer frommen Freunden treu vertraut
Mag, unklug selbst, ein Kluger sein.
214
In edlem Umgang sei gesellt,
So wächst die Weisheit bald empor:
Wer edlen Umgang eifrig übt
Mag enden alles Leiden lind.
Man muß das Leiden merken recht,
Was Leiden rüstet, Leiden rafft,
Aus Leiden kühn erretten kann:
Was heilig wahr ist hören wohl!
216 · 217
»Erbärmlich ist der Weiber Los«:
Der Völker Führer hat's gesagt!
Erbärmlich quält uns Eifersucht,
Und junge Mütter kann man sehn
Das Messer in die Brust sich stoßen selbst;
Ja, Gift genießen zarte Mädchen gern,
Geraubt von Räubern, mutig doch;
Und Frau und Jungfrau, ach, verdirbt und stirbt.
[558] 218
In Wehen eilt' ich einst nach Haus,
Erblickte plötzlich tot am Weg den Mann:
Da kam ich elend nieder, traun,
Getragen heim.
Und Sohn und Tochter fand ich tot,
Ich ärmste Witwe, gattenlos:
Und Mutter, Vater, Bruder gar
Auf gleichen Scheiten glühen schon!
O du verwaistes armes Weib,
Erlitten hast du grenzenloses Leid:
In Strömen floß der Tränen Flut
Durch viele tausend Leben dir!
221
Den Gatten sah ich lodern licht,
Und süße Kindesglieder flackern glutverzehrt;
Allein verlassen, fluchbedeckt geflohn,
In Todesgram erfand ich was kein Tod ergreift.
Gewandelt bin aus Tod ich hin
Auf heilig achtgebahnter Spur:
Erwirkt ist Wahnerlöschung hier,
Der Wahrheit Spiegel ward erspäht.
Kein Stachel kann mich stechen mehr,
Bin lasterlöst,
Gewirkt ist was zu wirken war:
Ich, Kisāgotamī,
Bin köstlich froh befreit,
Und künd' es euch.
Buchempfehlung
Am Heiligen Abend des Jahres 820 führt eine Verschwörung am Hofe zu Konstantinopel zur Ermordung Kaiser Leos des Armeniers. Gryphius schildert in seinem dramatischen Erstling wie Michael Balbus, einst Vertrauter Leos, sich auf den Kaiserthron erhebt.
98 Seiten, 5.80 Euro
Buchempfehlung
Romantik! Das ist auch – aber eben nicht nur – eine Epoche. Wenn wir heute etwas romantisch finden oder nennen, schwingt darin die Sehnsucht und die Leidenschaft der jungen Autoren, die seit dem Ausklang des 18. Jahrhundert ihre Gefühlswelt gegen die von der Aufklärung geforderte Vernunft verteidigt haben. So sind vor 200 Jahren wundervolle Erzählungen entstanden. Sie handeln von der Suche nach einer verlorengegangenen Welt des Wunderbaren, sind melancholisch oder mythisch oder märchenhaft, jedenfalls aber romantisch - damals wie heute. Nach den erfolgreichen beiden ersten Bänden hat Michael Holzinger sieben weitere Meistererzählungen der Romantik zu einen dritten Band zusammengefasst.
456 Seiten, 16.80 Euro