1. Bedingungen des Siegs

[76] Mong Dsï sprach: »Die Gunst der Zeit1 ist nichts gegen den Vorteil der Lage. Der Vorteil der Lage ist nichts gegen die Einigkeit der Menschen. Gesetzt: eine kleine Stadt, drei Meilen[76] im Geviert, und eine Vorstadt von sieben Meilen wird wohl belagert und bestürmt, doch wird sie nicht eingenommen. Um sie belagern und angreifen zu können, muß man die Gunst der Zeit auf seiner Seite haben; nimmt man sie dennoch nicht, so kommt es daher, weil die Gunst der Zeit nichts hilft gegen den Vorteil der Lage. Gesetzt: alle Mauern seien hoch, alle Gräben seien tief, Wehr und Waffen seien stark und scharf, die Kornvorräte seien alle reichlich, und doch muß man den Platz aufgeben und ihn räumen, so kommt es daher, weil der Vorteil der Lage nichts hilft gegen die Einigkeit der Menschen.

Darum heißt es: Ein Volk läßt sich nicht abschließen durch stark bewachte Grenzen. Ein Reich ist nicht fest durch die Steilheit von Berg und Tal. Die Welt wird nicht in Scheu gehalten durch die Schärfe von Waffen und Wehr. Wer auf rechtem Wege wandelt, der findet viele Hilfe, wer den rechten Weg verloren, dem helfen wenige. Von wenigen unterstützt zu sein führt schließlich dazu, daß die eignen Verwandten abfallen. Von vielen unterstützt zu sein führt schließlich dazu, daß die ganze Welt gehorcht. Wenn einem der Gehorsam der ganzen Welt zur Seite steht und seinem Gegner selbst die Verwandten untreu werden: es gibt wohl Edle, die auch dann noch vom Kampfe abstehen; kämpfen sie aber, so ist der Sieg ihnen sicher.«

Quelle:
Mong Dsï: Die Lehrgespräche des Meisters Meng K'o. Köln 1982, S. 76-77.
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