Baustoffe, Baumaterialien

[32] Baustoffe, Baumaterialien (building materials; matériaux de construction; materiali da costruzione), Stoffe, die zur Herstellung von Bauwerken (Erdbauten ausgenommen) geeignet sind. Die B. werden (nach Krüger) eingeteilt in:

I. Hauptstoffe: natürliche und künstliche Steine, Hölzer, Metalle;

II. Verbindungsstoffe: Luft- und Wassermörtel, Kitte, Asphalt;

III. Nebenstoffe (Hilfsstoffe): Glas, Farbstoffe und Firnisse, Teer, Dachpappe, Kautschuk, Rohr, Moos u. s. w.

Alle drei genannten Gruppen der B. finden im Eisenbahnwesen vielseitig Anwendung bei Herstellung des Bahnkörpers im weitesten Sinne und aller baulichen Anlagen sowie der Fahrbetriebsmittel; hierbei werden an die Festigkeit und Dauerhaftigkeit der B. die größten Anforderungen gestellt. Bei Herstellung des Bahnkörpers wird die Festigkeit der B. teils zum Tragen großer, bewegter Massen (Brückenbauten) ausgenutzt, teils um Erd- oder Gebirgsdrücken (Rutschungen und Tunnelbauten) oder dem Angriff von Gewässern Widerstand zu leisten und sind hierbei die B. außerdem allen schädlichen Wirkungen der Witterung, der Feuchtigkeit und des Frostes sowie der Rauchgase ausgesetzt. Diese besonderen Verhältnisse haben die Bahnverwaltungen veranlaßt, nicht nur für die Lieferung und Verarbeitung der B. eigene Bedingnisse und Vorschriften aufzustellen, sondern vielfach auch eigene Übernahms- und Prüfungsanstalten zu errichten (s. Materialprüfungswesen). Zur Herstellung des Bahnkörpers kommen in erster Reihe die natürlichen Bausteine in Betracht und können alle Gesteinarten, wie Kalksteine, Sandsteine, kristallinische Schiefer, Granite u.s.w. benutzt werden, nur sollen insbesondere die zur Vermauerung in Mörtel bestimmten Steine womöglich den tieferen Lagen der Brüche entnommen werden und vor ihrer Verwendung lufttrocken sein. Die Bruchsteine müssen möglichst lagerhaft, fest, vollkommen wetterbeständig sowie frei von Lassen sein, sie sollen Feuchtigkeit weder anziehen noch festhalten, dabei aber mit dem Mörtel eine gute Verbindung eingehen. Die natürlichen Bausteine dienen zur Errichtung der trockenen Steinbauten, d.h. solcher, die ohne Mörtel ausgeführt werden, wie z.B. Steinwürfe, Steinsätze, Trockenmauern und Pflasterungen, dann in Verbindung mit Mörtel zur Ausführung von Bruchsteinmauerwerk, das zu Stütz- und Futtermauern, Brückenpfeilern und Brückenwiderlagern u.s.w. Anwendung findet. Für regelmäßigeres Mauerwerk (Schichtmauerwerk, Gewölbemauerung) kommen teilweise (in den Lagern) bearbeitete Steine (Hackelsteine) zur Verwendung. Vollkommen regelmäßig behauene Steine (Hausteine oder Quader) finden als Deckplatten, als Auflagsquader für Brückenträger, als Zierquader, ferner für die Ausführung großer Brückengewölbe oder Tunnelausmauerungen Anwendung. Hierzu eignen sich nur sehr harte und feinkörnige Steinsorten, die reine und scharfkantige Bearbeitung zulassen.

Nebst den Natursteinen kommen zur Herstellung von Mörtelmauerwerk auch Kunststeine,[32] wie Ziegel, Klinker, Betonsteine und Betonplatten in Verwendung, namentlich dort, wo geeignete natürliche Bausteine nur von weit her zu beschaffen sind (z.B. Norddeutschland, Holland) und sich die aus nahe liegenden Bezugsquellen zu beschaffenden künstlichen Bausteine billiger stellen.

Außer den Bausteinen wären die zur Mörtelbereitung erforderlichen Bindemittel zu erwähnen, u. zw. magerer (hydraulischer) Kalk, Roman-, Portland- und Schlackenzement, ferner Puzzolane, Santorinerde und Traß. Die drei letzteren sind Naturerzeugnisse, während die eigentlichen Zemente, unter denen der Portlandzement im Bauwesen die wichtigste Rolle spielt, aus tonreichen Kalkmergeln hergestellt werden. Die Güte des Zements wird bestimmt nach der Feinheit der Mahlung, der Abbindezeit, der Volumbeständigkeit und nach der Bindekraft. In den meisten Staaten Europas bestehen Normen für die einheitliche Lieferung und Prüfung der Zemente.

Seit einer Reihe von Jahren findet im Eisenbahnbau der Beton sowohl allein als auch in Verbindung mit Eisen vielfache und mannigfaltige Anwendung, u. zw. im Unterbau, Oberbau und Hochbau (s. die einschlägigen Artikel).

Einer der wichtigsten B. im Eisenbahnwesen ist das Eisen in allen seinen Erzeugungsarten und -formen (s. Eisen und Stahl). Es dient zur Herstellung von Brücken, Viadukten, Hallen, Schienen, Weichen, Schwellen u.s.w. und ist der Hauptbestandteil aller Fahrbetriebsmittel. Die großen Anforderungen, die an die Güte des im Eisenbahnbetrieb zu verwendenden Eisens gestellt werden müssen, veranlassen die Bahnverwaltungen, die Erzeugung in den Werken durch eigene Organe beaufsichtigen zu lassen.

Wie das Eisen findet auch das Holz in allen Sorten und Handelsformen im Eisenbahnwesen Verwendung; seltener für dauernde Bauwerke, häufiger für provisorische Brückenbauten, für Gerüstungen, Pölzungen und bei Gründungen in Form von Piloten und Rosten. Am meisten wird jedoch das Holz zur Erzeugung der Schwellen herangezogen, wobei Eichen-, Lärchen-, Kiefern-, Tannen-, Fichten- und Buchenholz in Betracht kommt. Harte und edle Holzsorten, wie Nußbaum-, Ahorn-, Eschen-, Mahagoni-, Teakholz, Pitchpine und Tallowwood, werden vornehmlich im Wagenbau verwendet.

Die Kenntnis der Widerstandsfähigkeit der B. sowohl gegen die sie beanspruchenden äußeren Kräfte als auch gegen Witterungs- und sonstige schädliche Einflüsse (Rauchgase, Seewasser, Feuchtigkeit u.s.w.) ist von größter Wichtigkeit für den Entwurf und die Ausführung von Bauten. Um einerseits möglichst sparsam, anderseits verläßlich bauen zu können, ist eine genaue Untersuchung der B.; die für ein Bauwerk verwendet werden sollen, notwendig. Diesem Bedürfnisse entsprechend wurden in den meisten Staaten Prüfungsanstalten für B. errichtet, die selbst dann, wenn sie ursprünglich nur für die eigenen dienstlichen Zwecke einer Behörde oder Körperschaft bestimmt waren, meist jedermann gegen Entgelt zur Verfügung stehen. Die Aufgabe dieser Anstalten ist eine überaus vielseitige (s. Materialprüfungswesen).

Literatur: Wenck, Lehre von den Baumaterialien. Leipzig 1853. – Kersten, Baumaterialienkunde. Leipzig 1863. – Hauenschild, Baumaterialien. Wien 1879. – Gottgetreu, Die physische und chemische Beschaffenheit der Baumaterialien. Berlin 1880–1881. Karmarsch & Heeren, Technisches Wörterbuch. 3. Aufl. Prag. – Brosius, Wörterbuch der Eisenbahnmaterialien. Wiesbaden 1887. – Krüger, Die natürlichen Gesteine. 2 Bde. Wien 1889. – Rudeloff, Materialprüfung. Handbuch der Ingenieurwissenschaften. 4. Bd. Kap. XVII. Leipzig 1889. – Zwick, Hydraulischer Kalk und Portlandzement. Wien 1892. – Krüger, Handbuch der Baustofflehre für Architekten, Ingenieure u.s.w. Wien, Pest, Leipzig 1899. – Förster, Lehrbuch der Baumaterialienkunde. 6 Teile. Leipzig 1903 bis 1905. – Nöthling, Baustofflehre. Leipzig 1904. – Tormin-Nöthling, Zement und Gips. 1905. – Wagner, Baustoffe. – Hanisch & Schmid, Österreichs Steinbrüche. C. Gräser. Wien 1901. – Issel, Illustr. Handlexikon der gebräuchlichen Baustoffe. Tomas. Leipzig 1902.

v. Enderes.

Quelle:
Röll, Freiherr von: Enzyklopädie des Eisenbahnwesens, Band 2. Berlin, Wien 1912, S. 32-33.
Lizenz:
Faksimiles:
32 | 33
Kategorien: