Demmer

[270] Demmer Bernhard, geboren 1833 zu Eisenach in Thüringen, gestorben 1902 in Wien, ein um die Entwicklung des Lokomotivbaues hochverdienter Techniker, Gründer und erster Direktor der Wiener Lokomotivfabrik-Aktiengesellschaft in Floridsdorf.

Nach mehrjähriger Wanderzeit, wobei er in vielen Städten Deutschlands praktisch arbeitete, kam er 1851 nach Wien, und studierte am Wiener Polytechnischen Institut bis 1855. Im nächsten Jahre bekam er eine Stelle in der Maschinenfabrik der priv. österr. ungar. Staatseisenbahngesellschaft. Dort wirkte er unter Haswell durch 13 Jahre, zuletzt als Chef des Konstruktionsbureaus. Großen Anteil nahm er an der Konstruktion der berühmten Haswellschen Schmiedepresse.

Bei der im Jahre 1869 erfolgten Gründung der Wiener Lokomotivfabrik-Aktiengesellschaft wurde D., auf Grund seiner reichen Erfahrungen, für die technische und kommerzielle Leitung[270] des neuen Unternehmens gewonnen. Der nach Demmers Entwürfe Ende April 1870 in Angriff genommene Bau der Fabrik schritt so rasch vor, dass bereits im Juni 1871 die erste Lokomotive, eine Güterzuglokomotive für die österr. Nordwestbahn zur Ablieferung gelangte. Trotz der wirtschaftlichen Krise 1873–1874 hielt sich das neue Unternehmen; im Jahre 1884 wurde die 500ste, im Jahre 1896 die 1000ste Lokomotive fertiggestellt. Im Jahre 1911 verließ die 2000ste Lokomotive diese von Demmer mustergültig eingerichtete Fabrik.

Vorbildlich auch für andere Fabriken waren viele von D. eingeführte Arbeitsmethoden sowie seine kommerzielle Organisation. Erwähnt seien seine mustergültigen Vorkehrungen für das Härten und Schleifen der Büchsen und Bolzen für Steuerungen, die Zentralisierung der Herstellung und Instandhaltung der Werkzeuge und die von ihm – in österr. Lokomotivfabriken – zuerst eingeführte Elektrisierung des ganzen Fabrikbetriebes.

Er erwarb für Österreich das Ausführungsrecht auf die Abtschen Zahnradlokomotiven. Die aus der Lokomotivfabrik Floridsdorf hervorgegangenen Zahnradlokomotiven für Normalspur und Spurweite von 760 mm gehören zu den bestdurchgebildeten Lokomotiven dieses Systems.

Quelle:
Röll, Freiherr von: Enzyklopädie des Eisenbahnwesens, Band 3. Berlin, Wien 1912, S. 270-271.
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