Vignoles-Schienen

[202] Vignoles-Schienen (Vignoles rails; rails Vignole; rotai Vignole), Bezeichnung für eine Art von Breitfußschienen.

Die bedeutenden Mängel, die den in Verwendung gestandenen Schienen mit flachem und pilzförmigem Querschnitt anhafteten, waren die Veranlassung, daß der Amerikaner Stevens aus Hoboken 1830 während eines längeren Aufenthalts in England eine neue Schienenform erfand, bei der der schmale Fuß der pilzförmigen Schiene derart verbreitert war, daß dieselbe unmittelbar auf den Unterlagen befestigt werden konnte und die bisher allgemein üblichen Schienenstühle entbehrlich wurden.

Die ersten V. wurden in England unter Stevens Aufsicht gewalzt und für die am 9. Oktober 1832 eröffnete Camden-Amboy-Bahn in den Vereinigten Staaten verwendet.

Der englische Ingenieur Ch. Vignoles führte 1836 das Profil der Stevensschiene in England ein; die nunmehr nach Vignoles benannten Schienen wurden daselbst auf Holzlangschwellen verlegt, denen Querschwellen zur Unterstützung dienten. Die V. fand in England keine belangreiche Verwendung; es wurden dort stets die Doppelkopfschienen bevorzugt.

Das Verdienst der Einführung der V. in Deutschland gebührt dem Erbauer der Leipzig-Dresdener Bahn Th. Kunz und dessen Assistenten Köhler. Der letztere sah auf einer Reise in Amerika diese Breitfußschienen und erkannte auch deren Vorzüge. Mit V. wurde das zweite Gleis der Leipzig-Dresdener Bahn ausgeführt, u. zw. waren die Schienen unmittelbar auf den Querschwellen befestigt.

In Österreich fanden die V. zum erstenmal beim Bau der Wien-Gloggnitzer Bahn Verwendung; dieselben wurden auf hölzernen Langschwellen verlegt.

Seitdem hat sich diese Schienenform auf dem größten Teil des Festlands (Deutschland, Österreich, Italien, Schweiz, Rußland) und in Amerika eingebürgert.

Quelle:
Röll, Freiherr von: Enzyklopädie des Eisenbahnwesens, Band 10. Berlin, Wien 1923, S. 202.
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