Gering, Ulrich

[302] Gering, U. Deutsche Jünger der schwarzen Kunst haben in Paris die Typographie eingeführt und ein deutscher Gelehrter, der Badenser Johann Heynlin, war an der Einführung der neuen Kunst hervorragend beteiligt. Geboren in Stein bei Bretten in der Rheinpfalz studierte Heynlin in Leipzig, besuchte schon vor 1464 Paris, wo er 1469 Rektor der Universität und Professor an der Sorbonne – der von Robert von Sorbon, dem Hofkaplan Ludwigs des Heiligen, gegründeten Theologenschule – wurde. Er soll angeblich zu Lebzeiten Gutenbergs in Mainz gewesen sein, ja es wird berichtet, daß er als Korrektor in der Fust-Schöfferschen Offizin angestellt gewesen sei, was jedoch unwahrscheinlich ist. Heynlins Freund und Amtsbruder Dr. G. Fichet – dessen Brief an Robert Gaguin bekanntlich das erste Zeugnis für Gutenberg enthält – befand sich gleichzeitig als Lehrer an der Sorbonne und es war begreiflich, daß beide Gelehrte den Wunsch hatten, die von ihnen geschätzte Typographie auch in Paris einzuführen. So beriefen denn beide 1470 die deutschen Drucker Martin Crantz, Michael Freiburger aus Kolmar und Ulrich Gering aus Beromünster im Kanton Luzern (wird 1461 als Baseler akademischer Bürger genannt) nach der französischen Hauptstadt und wiesen ihnen Wohnung und Werkstatt im Gebäude der Sorbonne an. Die drei Gesellschafter legten sich den Namen Gesellschaft der allemannischen Brüder (Societas fratrum Allemannorum) bei und begannen 1470 mit dem Druck der Briefe des Kaspar von Bergamo ihre Thätigkeit, denen mehrere[302] Klassikerausgaben von Heynlin und ein rethorisches Werk Fichets folgten. Sie haben indessen nie ein französisches Buch gedruckt, sondern beschränkten sich auf die Veröffentlichung alter Klassiker wie z.B. Sallust und Cicero (Auflage 200), später auch, der maßgebenden Richtung der Sorbonne folgend, auf theologische (Legenda aurea) und juristische Bücher in lateinischer Sprache; im Ganzen druckten sie in der Sorbonne von 1470-1472 30 Werke auf 1026 Quart- und 1146 Folioblättern.

1473 zogen die deutschen Drucker, da inzwischen ihre beiden Gönner aus der Sorbonne geschieden waren, nach der Straße St. Jacques, wo sie sich im Hause Ad solem aureum (Zur goldenen Sonne) niederließen und hier noch 21 Werke druckten, darunter neben einer lateinischen Bibel (1475) meist populäre Bücher.

1478 kehrten Crantz und Freiburger nach Deutschland zurück, während Gering, weitaus der tüchtigste unter ihnen, das französische Bürgerrecht erwarb und noch bis zu seinem am 23. 8. 1510 in Paris erfolgten Tode weiterdruckte. In seinem Signet führte er eine Sonne. 1480 associierte er sich mit Georg Maynyal, welche Verbindung aber nicht lange anhielt. Der von 1480 ab eintretende Umschwung, der die Vorliebe für französische Bücher in den Vordergrund rückte, wirkte lähmend auf Gerings Thätigkeit; da seine Offizin nur für den Druck lateinischer Bücher eingerichtet war, so wurde er lange Jahre fast zur Unthätigkeit verdammt. Erst 1489 brachte er in Holkots Super sapientiam Salomonis ein größeres Werk heraus. Während vorübergehend Georg Wolf aus Baden für ihn druckte, verband er sich 1484 mit Berthold Remboldt aus Straßburg und hat von da ab noch etwa 15 Werke erscheinen lassen, darunter vor allem ein Corpus juris Canonici cum glossis.

Gering hinterließ sein nicht geringes Vermögen der Sorbonne und dem Kollegium Montaigu, welch letzteres ihn in seiner Kapelle beisetzen ließ und durch eine längere Inschriftentafel, wie die Sorbonne, das Andenken an diesen Mann bleibend festhielt.

Quellen: Walchner, Die Allemannischen Brüder, Freiburg 1824; vergl. auch Kapp, Buchhandel, I. Bd. und Börckel, Gutenberg, Frankfurt a. M. 1900.

Quelle:
Rudolf Schmidt: Deutsche Buchhändler. Deutsche Buchdrucker. Band 2. Berlin/Eberswalde 1903, S. 302-303.
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