Heyer, Georg Friedrich

[440] Heyer, G. F. Georg Friedrich Heyer wurde als Försterssohn am 3. 3. 1770 zu Bromskirchen Oberhessen geboren. Der Vater starb, als Georg 2 Jahr alt war, die Familienverhältnisse wurden gedrückt, da seine Mutter sieben unerzogene Kinder zu versorgen hatte. Georg konnte daher nur die Dorfschule, deren Lehrer ein Hufschmied war, besuchen. Bis zur Konfirmation standen ihm nur ein A-B-C-Buch, Rechenbuch, Katechismus, Gesangbuch und ein Neues Testament zur Verfügung. Mit einem Reisegeld von 24 kr. versehen, verließ Heyer 1783 seine Heimat, um bei einem Verwandten sein Glück als Jägerbursche zu versuchen. Seiner Schwächlichkeit wegen wies ihn dieser aber ab, und so wanderte denn Heyer nach Gießen, um hier Arbeit zu suchen. Von dem Universitätsbuchhändler Fr. Krieger wurde er als Ausläufer, vorläufig auf 6 Wochen, angenommen. Nach Ablauf dieser Probezeit nahm ihn Krieger als Lehrling in seine Buchhandlung auf und bereits 1787 wurde Heyer, nunmehr zum Gehilfen aufgerückt, zur Besorgung der Meßgeschäfte nach Leipzig gesandt. Zu interessanten Vergleichen mit der Jetztzeit fordert der damals mit seinem Prinzipal abgeschlossene Kontrakt heraus, der im Wortlaut hier mitgeteilt sei: »Kund und zu wißen seie denen zu wißen nöthig, daß anheute zwischen mir, Friedr. Krieger, der ältere Buchhändler in Gießen, und Georg Heyer von Bromskirchen folgender Contrakt geschlossen: 1) Verbindet sich Fr. Krieger an Georg Heier Vatertreue zu versehen, wenn Er aufrichtig und Treu handelt, und demselben jährlich an Nöthigen Kleidungs Stücke, und sonstige Unterstützung an Hand zu gehen Erbötig ist. 2) Indeßen versichert dargegen, benannter G. Heier von dato an, noch drei Jahre lang Treu und fleißig bei mir zu verbleiben und den bisherigen Unterhalt zu[440] genießen. (So fern Ich nun benannten Heyer auf meine Kosten über Land zu schicken benöthiget bin, so bin Erbötig Täglich 30 Kr. für den Nahrungsstand zu bestimmen.) Wornach sich zu richten etc.«

Als Krieger 1789 starb, wollte Heyer nach Hamburg, blieb aber auf den Rat einiger Freunde und als ihm die Universität das Privilegium eines Universitätsbuchhändlers zusicherte, in Gießen und etablierte sich 1790. Zwar ohne Mittel brachte er es durch Fleiß doch schon im zweiten Jahre so weit, daß er seine Meßverbindlichkeiten ohne jegliche Unterstützung nachkommen konnte.

Im August 1798 begründete Heyer eine Filiale, die Heyerische Neue Buchhandlung in Darmstadt, in die er später seinen Zögling C. W. Leske als Teilhaber aufnahm und bis zur Trennung von diesem, 1821, Heyer & Leske firmierte. Heyer trat die Darmstädter Firma seinem ältesten Sohne ab, dieser firmierte fortan J. W. Heyers Hofbuchhandlung. 1834 ging diese Buchhandlung an Gustav Jonghaus über, der dem Sortiment einen Verlag hinzufügte. 1871 wurde das Sortiment an August Klingelhoeffer abgetreten, der es seitdem unter seinem Namen weiterbetrieben hat. – Der Verlag wurde von den Erben Jonghaus' unter de noch heute gleichlautenden Firma G. Jonghaussche Hofbuchhandlung, Verlag fortgesetzt. Die Hauptrichtung derselben ist Jurisprudenz, auch debitiert sie den Verlag der Buchhandlung des Großherzogl. Staatsverlags in Darmstadt, meistens Kartenwerke. 1818 begründete Heyer die Universitätsbuchdruckerei in Gießen und trat 1827 das Gießener Sortimentsgeschäft seinem Sohne Friedrich Wilhelm Heyer ab, der es seinerseits 1848 an Ernst Heinemann, den Besitzer der seit 1835 bestehenden gleichnamigen Firma in Offenbach abtrat, deren Sortiment aber dann an Th. Steinmetz überging uns seit 1895 von Carl Schoeller unter der Firma Th. Steinmetzsche Hofbuchhandlung betrieben wird. – Heinemann, der sich inzwischen auch dem Verlag gewidmet hatte, trat 1879 die Gießener Sortimentsabteilung an Fr. Ernst Fehsenfeld ab. 1889 ging dieses Sortimentsgeschäft an Magnus Baltz über, 1889 an Franz Thomas unter der neuen Firma Fehsenfelds Universitäts- und Antiquariatsbuchhandlung. Fehsenfeld selbst verlegte seinen Verlag nach Freiburg i. B., gliederte diesem abermals ein Sortiment an, das indes bereits 1890 an Paul Ohnesorge überging. Den Verlag führte Fehsenfeld unter seinem Namen fort;[441] er ist namentlich durch den Verlag der Kurt Abelschen Schriften und Carl Mayschen Romane bekannt geworden. –

Seine ganze geschäftliche Thätigkeit widmete Heyer Vater von 1828 ab dem Verlagsgeschäft. Der Verlagskatalog verzeichnet Werke aus den Gebieten der Theologie, Philologie, Jurisprudenz, Staatswissenschaften, Medizin, Naturwissenschaften, Philosophie und Unterrichtsbücher. Aus der Theologie: J. E. C. Schmidt, Handbuch der christlichen Kirchengeschichte. 7 Bde. 1824/34; Werke von Huffell und Chr. v. Rommel (Philipp der Großmütige. 3 Bde. 1830). Jurisprudenz: Anselm Ritter von Feuerbach, des damaligen berühmtesten Kriminalisten, Lehrbuch des gemeinen Rechst. 14. Aufl. 1846; die klassischen Werke K. von Grolmans (des Begründers der Abschreckungstheorie in der Strafrechtswissenschaft), Kriminalrechtswissenschaft (4. Auflage. 1825) etc.; K. v. Savigny, Recht des Besitzes (6. Aufl. 1837); der Code Napoleon, das noch lange geltende rheinische Gesetzbuch, und Grolmans ausführlicher Kommentar dazu; Magazin für Rechtswissenschaft. 4 Bde. 1800/44. Medizin und Naturwissenschaften: H. F. Paulitzky, Gesundheitspflege. 9. Aufl. 1842, ein vielverbreitetes Volksarzneibuch; J. B. Wilbrands Handbuch der Botanik. 2 Bde. 1819. Von den Unterrichtsbüchern sind die s. Zt. in ganz Deutschland gekannten und vielfach eingeführten J. F. Schlezschen Leitfäden »ABC-Schüler, Denkfreund und Kinderfreund« in vielen Auflagen, und desselben Verfassers »Handbuch für Volksschullehrer«, 8 Bde., 1830/39 zu nennen.

1841 übergab Heyer seinen Verlag seinem Sohn Friedrich Wilhelm Heyer und Heinrich Flinsch in Frankfurt a. M.; 1848 wurde derselbe, nachdem Flinsch alleiniger Inhaber geworden, ganz nach Frankfurt a. M. verlegt. Später ist der schöne Verlag ganz zersplittert worden: er kam an Gerold-Wien, Baer & Co., H. Bechhold, Sauerländer, St. Goar, Jäger, sämtlich in Frankfurt a. Main und Friedrich Fleischer in Leipzig. –

Landtagsabgeordneter Heyer Vater sucht auch mit Eifer sich in den Dienst der Allgemeinheit, sowie speziell des Buchhandels zu stellen. So verdienen der Erwähnung vor allem seine Bemühungen zur Bekämpfung des Nachdrucks, die ihn persönlich nach Wien und Stuttgart führten, sowie seine Teilnahme an dem Zustandekommen der Buchhändlerbörse und des Börsenblattes für den deutschen Buchhandel.

Quellen: Dr. C. J. Ettling, Mitteilungen aus dem Leben G. F. H Gießen 1845; Abdruck desselben in »Süddeutsche Buchh. Ztg.«, 1845; Verlagskatalog[442] 1815, 1817, 1832, 1838, 1846; vergl. auch Archiv für Geschichte des deutschen Buchhandels Bd. VII, wo seine Tätigkeit als Deputierter zur Begutachtung buchhändlerischer Reformen gewürdigt ist, worauf hier leider nicht näher eingegangen werden kann.

Quelle:
Rudolf Schmidt: Deutsche Buchhändler. Deutsche Buchdrucker. Band 3. Berlin/Eberswalde 1905, S. 440-443.
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