Schoeffer, Peter

[854] Schoeffer. Unter dem Dreigestirn Gutenberg-Fust-Schoeffer ist der letztere sicher nicht der geringste. Peter Schoeffer der Aeltere ward zu Gernsheim a. Rh. um 1430 geboren, weswegen er sich in den Schlußschriften seiner Drucke Schoeffer von Gernsheim, kurzweg auch Peter Gernsheim nannte. Er widmete sich dem Stande der Schönschreiber. Von der ersten Stätte seiner Wirksamkeit, Mainz, wandte er sich nach Paris, wo er 1449 für Studienzwecke Handschriften schrieb.

Von Paris kam Schoeffer wieder nach Mainz zurück, lernte vor 1455 Gutenberg und dessen Genossen Johann Fust kennen und wurde deren Gehilfe.

Ein Schönschreiber von Beruf wie Schoeffer und ein Mann, der nebenbei des Lateins kundig, Handschriften für den Abdruck zurichten und die Korrekturen besorgen konnte, auch die Bedürfnisse des Handschriftenhandels von Paris her und die Art des Absatzes kannte, konnte in der Firma recht vielseitige Verwendung finden. So hat er wahrscheinlich die Buchstaben und Initialen für den Schnitt und Guß geschrieben und gezeichnet, Drucke rubriziert und als Redaktor, Anagnost und Korrektor seines Amtes gewaltet. Schoeffer war somit der Faktor der ersten Druckerei und offenbar die Seele der Firma Gutenberg-Fust. In ihm haben wir den Zeichner der sogenannten Donatustype und der Type der sogenannten 42zeiligen heiligen Schrift der Firma Gutenberg-Fust zu sehen. Als Geschäftsgehilfe erscheint Schoeffer auf Seiten Fusts als Zeuge in dem denkwürdigen Prozeß am 6. 11. 1455 gegen Gutenberg, in welchem Prozeß er Cleriker Mainzer Bistums heißt, also in den Besitz der niederen geistlichen Weihen gekommen war und dem geistlichen Stande angehörte.

Fust-Schoeffer bildeten seit 1455 eine neue Gemeinschaft, die erste in Drucken mit Namen auftretende Firma. Die erste Frucht dieses Zusammenwirkens war der Psalter 1457. Beide gingen nun für den Druck wissenschaftlicher Werke einen Schritt in der Technik voran, indem sie die kleine Durandustype und die abgestuft größere Clemenstype schufen, beide vom nämlichen Duktus und dem Schnitt nach Meisterstücke. Wir sehen 1462 bis 1465 Fust-Schoeffer auf der Höhe ihrer Leistungen, das rationale Durandi, die Bibel, die Clementinen beendet, und im Begriff, weiteres zu leisten, bis am 28. 10. 1462 die Druckerei infolge der Einnahme der Stadt Mainz durch[854] Kurfürst Adolf II. von Mainz gegen Diether von Isenburg in der bekannten Bischofsfehde, nicht allein lahm gelegt, sondern auch durch die Zerstreuung der Arbeiter in alle Himmelsgegenden jeder energischen Fortsetzung im Betrieb beraubt wurde.

Schoeffer hatte als Leiter der Druckerei und unentbehrlicher Mitarbeiter sich so im Vertrauen Fusts befestigt, daß dieser um 1465 ihm seine Tochter Christine zur Gattin gab. Fust hatte bisher die buchhändlerischen Reisen nach Paris und in den Norden Deutschlands besorgt. 1466 begab er sich ebenfalls dorthin, starb aber dort bereits schon am 14. 2. an der Pest; zu Paris wurde er jedenfalls begraben. Schoeffer ehrte den Toten durch Stiftung eines Seelgedächtnisses bei den Predigern zu Mainz und gab dem Konvent die 1470 gedruckten Hyronimusbriefe und die Clementinen aus 1467 im Jahre 1473 als Entgeld für das Seelgedächtnis. Er führte die Firma nun allein fort, nannte in den Schlußschriften nur seinen Namen allein, bediente sich aber noch der früheren Druckmarke der hängenden Fust-Schoefferschen Schilde als Rotabzug zur Bezeichnung.

Als Gutenberg 1468 starb, erwarb Schoeffer aus dessen Nachlaß, der dem Dr. Homery verpfändet war, die Restauflagen der Drucke Gutenbergs: Matthaeus de Cracovia, tractatus rationis et conscientie und des bekannten Catholicon aus 1460.

Es folgten nun sehr belangreiche Drucke, die Summa des Thomas von Aquin 1. Teil in Durandustype 1471, der Valerius Maximus in der Clemenstype im gleichen Jahr, die Bibel, der Gratian decretum mit Glosse, die Decretalen Gregors IX. in den Jahren 1472 und 1473, die Augustinusausgabe de civitate dei und der liber sextus decretalium 1473, Herp, speculum 1474, Bernardi sermones und die novellae constitutiones Justiniani 1477, die Decisiones rotae 1478, das scrutinium scripturarum und der Bartholomaeus de Chaymis confessionale 1477-1478, so daß Schoeffer seit 1466 nochmals ein Dezennium auf der Höhe der Leistung stand und trotz Konkurrenz aus Köln, Straßburg, Nürnberg, Basel, Augsburg zu den leistungsfähigsten Druckern gehörte.

Um seinen Buchhandel zu erweitern, wurde Schoeffer 1476 Bürger der Stadt Frankfurt a. Main und für den Buchhandel in Heidelberg wußte sich Schoeffer einen Geleits- und Schutzbrief beim Kurfürsten der Pfalz zu erwerben.

1480 wandte er sich dem Liturgiedruck wieder zu und lieferte in diesem Jahre die Agenda in usum ecclesiae Moguntinensis in Kleinfolio. Auch amtliche Drucke stellte Schoeffer her, so besitzt die Frankfurter Stadtbibliothek ein Verzeichnis der Teilnehmer und eine Beschreibung des zur Wahl des Erzherzogs Max zum römischen[855] König 1486 nach Frankfurt einberufenen Reichstags, die von Schoeffer gedruckt sind.

In seinem Alter wandte sich Schoeffer dem Amte eines weltlichen Richters der Stadt Mainz zu. Sein Geschäft erlebte 1485 einen neuen Aufschwung durch Einführung einer herrlichen Schwabacher Type und Druck volkstümlicher Schriften mit Holzschnitten geziert. Schoeffer druckte in dieser Type 1485 den Hortus sanitatis uff teutsch eyn gart der gesundheit, das erste naturwissenschaftliche Werk in deutscher Sprache, sodann 1486 eine lateinische und eine deutsche Ausgabe von Breidenbachs Reisen. 1495 erfolgte der Druck der amtlichen Ordnung des Kammergerichts, beendet am Montag nach Michaelis in Schwabacher Type als Auftrag des Reichskanzleramts, 1497 »uff sant symon und Jude abent« oder den 27. 10. beendete Schoeffer die Gerichtsordnung des Landgrafen Wilhelm III. von Hessen in Folio, wovon das bislang einzige bekannte Exemplar das Staatsarchiv zu Darmstadt bewahrt. Im Ganzen hat Schoeffer etwa 160 nachweisbare Drucke geliefert.

Ende 1502 oder Anfang 1503 muß Schoeffer gestorben sein, denn am 16. 3. 1503 lieferte dessen Sohn Johann Schoeffer als Erbe des Geschäfts bereits seinen ersten Druck mit Zeitangabe.

Sein zweiter Sohn, Peter Schoeffer der Jüngere, der die Buchdruckerkunst in Worms eingeführt haben soll, obschon sich andere für Peter Drach entschieden haben, war um 1460 zu Mainz geboren und erhielt eine gelehrte Bildung. 1590 begründete er sein Geschäft im Hause zum Korb zu Mainz und führte dasselbe bis 1523 fort. Ein zweites Geschäft legte Schoeffer um 1512 zu Worms an, das aber einstweilen infolge der vielen Kriegs- und Religionswirren nicht recht vorwärts kam. Mitten in der Bewegung sich anfeindender Lutheraner und Wiedertäufer stellte sich Schoeffer auf die Seite der letzteren. Schoeffer ist mit Othmar in Augsburg und Froschauer in Zürich der Verleger einer Reihe geistiger Erzeugnisse der Wiedertäufer geworden. Die Vertreibung der Wiedertäufer ließ auch Schoeffer abwandern, im Dezember 1529 hatte er sich zu Straßburg niedergelassen und das Bürgerrecht dieser Stadt erworben.

Er druckte hier mit Johann Apronianus, dem Schwenkfeldianer Johannes Schweintzer und mit Matthias Apiarius zusammen.

In Worms hatte Schoeffer Männer wie Ludwig Hätzer, Hans Denk, Sebastian Münster und Ludwig Vives für seinen Verlag gewonnen. Für eine gute Ausstattung seiner Verlagsbücher sorgte Schoeffer in jeder Weise, in der Geschichte der Buchillustration behaupten sie einen hohen Ruf und werden, wie alle seine Erzeugnisse,[856] von den Liebhabern mit enormen Preisen bezahlt. Schoeffer war einer der ersten und bedeutendsten Musiktypendrucker Deutschlands.

Die Druckermarke Schoeffers, die in drei verschiedenen Ausführungen vorkommt, stellt einen Schild mit seinem Familienwappen, Winkelhaken und drei Rosetten dar. Die zweite Marke zeigt einen sitzenden Dudelsackbläser im Gewande eines Schäfers, rechts Hund, links zwei Schafe, oben einen Engel, die Geburt Christi verkündend, mit dem Spruchbande Gloria in Excelsis deo. Hominibus bona voluntas dar; endlich zeigt die dritte Marke das Spruchband Soli deo gloria.

Quellen: F. W. E. Roth, Die Buchdruckereien zu Worms im 16. Jahrhundert, 1892; desselben »Zum 400jährigen Gedächtnis P. Sch. des Aelteren« im Klimschen Anzeiger für Druckereien; vergl. dazu die betr. Abhandlungen von Dahl, Külb, Künzel, Schaab, Fischer, Weller, Umbreit u. a. (siehe genaue Titelangaben im Katalog der Leipziger Börsenvereins-Bibliothek).

Quelle:
Rudolf Schmidt: Deutsche Buchhändler. Deutsche Buchdrucker. Band 5. Berlin/Eberswalde 1908, S. 854-857.
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