Vahlen, Franz

[965] Vahlen, Frz. Der bekannte Berliner Verleger Franz Vahlen wurde am 12. Dezember 1833 zu Bonn a. Rhein geboren, trat zu Ostern 1849 bei Eduard Weber in Bonn in die Lehre und blieb in der Firma nach beendigter vierjähriger Lehrzeit noch bis zum Jahre 1859 als erster Gehilfe, um dann weitere Erfahrungen zu sammeln und sich in der Welt umzuschauen. Nachdem er ein Jahr lang bei Heinrich Mercy in Prag, doch ohne Befriedigung über die ihm dort zugefallene Tätigkeit, gearbeitet hatte, fand er in der Firma Mitscher & Röstell in Berlin Stellung als erster Gehilfe, die er zwei Jahre hindurch, bis zum 1. April 1862, bekleidete.

Inzwischen war am 21. Februar 1862 J. Guttentag gestorben, und bei dem Suchen seitens der Erben des Verstorbenen nach einer umsichtigen, energischen Arbeitskraft zur Leitung dieses bedeutenden Verlagsgeschäftes fiel die Wahl auf Franz Vahlen, welcher der Berufung auf den schwierigen Posten willig Folge leistete und ihn, zunächst für Rechnung der Erben bis zum 1. Januar 1865, von da ab bis zum November 1869 als Mitbesitzer, mit der ihm eigenen Arbeitslust und Arbeitsfähigkeit im vollsten Maße ausfüllte.

Familienverhältnisse veranlaßten seinen Austritt aus dem Geschäft, das sich unter seiner Leitung in erfreulicher Weise weiter entwickelt hatte, und am 1. Januar 1870 begründete er unter eigenem Namen einen Verlag, zu dessen Grundlage er die juristischen Werke, darunter die von Dr. J. A. Gruchot begründeten Beiträge zur Erläuterung des Preußischen bezw. Deutschen Rechts, 13 Bände, aus G. Grotes Verlag in Berlin und Hamm i. W. erwarb.

Im Besitz geringer eigener Mittel hatte er Jahre hindurch mit schweren Sorgen zu kämpfen, da war denn die Erwerbung der Reste und des Verlagsrechtes von »David Müllers Geschichte des deutschen Volkes«, eines Werkes, dem er hinfort seine ganze Kraft widmete und in steter vorsorglicher Arbeit zu ungeahnter Blüte verhalf, für ihn in seinem jungen Verlagsgeschäft von höchster Bedeutung. Die materiellen Erfolge des Werkes, dessen beide erste Auflagen in der Myliusschen Verlagshandlung zu Berlin erschienen waren, gaben ihm die Möglichkeit, im Laufe der Zeit die bedeutendsten Autoren auf juristischem Gebiet heranzuziehen und seinem Verlage Werke ersten Ranges einzureihen. Viele seiner Verlagswerke haben in der Praxis der Gerichte und Anwälte eine hervorragende und bleibende Bedeutung. v. Wilmowski und Levy's Ausgaben der C. P. O., von welchen der große Kommentar bereits in 5., die Handausgabe in 2. Auflage vorliegt, v. Wilmowski's Ausgaben[965] der Konkursordnung, Jaeckel's Bearbeitungen des Anfechtungsgesetzes und der Pr. Subhastationsordnung, Olshausen's vielgerühmter Kommentar zum Str. G. B., H. Meyer's Schriften zur Prozeßpraxis, Bahlmann's Ausgabe der Pr. Grundbuchgesetze und Johow's Jahrbücher sind jedem Praktiker geläufig. Von anderen hervorragenden Autoren heben wir noch hervor: Stölzel mir seinen Werken über preußische Rechtsgeschichte und seiner Studie über das Eheschließungsrecht, Kurlbaum und Eccius mit Schriften zum Vormundschaftsrecht, Klostermann's Commentar der Urhebergesetze, Strützki und Genzmer's Leitfaden des Preuß. Privatrechts, ferner Kindel, Meischeider, Philler, Mathis, Daubenspeck, Wohlers u. a. Wie diese kurze Zusammenstellung ersehen läßt, kommt die Mehrzahl der Werke, von Praktikern geschrieben, den Bedürfnissen der Praxis entgegen. Aber auch die Theorie ist vertreten durch Bekker (Actionen), Jörs (röm. Rechtswissenschaft), Siegel (deutsche Rechtsgeschichte und Versprechung als Verpflichtungsgrund) u. a.

Franz Vahlen, welcher am 18. Mai 1898 starb, hatte es verstanden, seine Firma zu einer der geachtetsten und angesehensten im deutschen Buchhandel zu erheben. Nach seinem Tode ging die Firma an den jetzigen Inhaber Friedrich Gebhardt über.

Quellen: Korporationsbericht der Berliner Buchhändler 1899; Verlagskatalog 1870-1894.

Quelle:
Rudolf Schmidt: Deutsche Buchhändler. Deutsche Buchdrucker. Band 5. Berlin/Eberswalde 1908, S. 965-966.
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