Hector

Fig. 138: Hector
Fig. 138: Hector

[231] Hector, (Gr. M.), Sohn des Priamus und der Hecuba, war mit Andromache vermählt, und hatte von ihr einen Sohn, Scamandrius oder Astyanax genannt. Nichts Schöneres gibt es in alter und neuerer Dichtkunst, als die Stellen der Ilias, in denen H. und Andromache mit einander erscheinen; es spricht sich in ihnen die reinste Liebe zweier Gatten aus. H. war der einzige Schutz und Schirm von Troja, an seinem Leben hing das Geschick des Reiches, er war Oberbefehlshaber des ganzen Heeres, und that als solcher die herrlichsten Thaten; immer führte er, was unter seiner unmittelbaren Leitung stand, zum Siege, und wenn das Troërheer zurückgedrängt war, bedurfte es nur seiner Erscheinung, um die Schlachtreihen wieder herzustellen. Die Ilias ist voll von seinen Thaten. Wir vermögen nicht, ihn durch das ganze Gedicht zu begleiten, und müssen uns begnügen, sein Ende zu erzählen. - Patroclus war geblieben; der erzürnte Achilles beschloss Rache für den erschlagenen Freund. Er waffnet sich mit den Waffen, welche Thetis bei Vulcan bestellt, mordet schonungslos, und begegnet endlich auch dem H. In Deïphobus' Gestalt mahnt Minerva den H. zum Kampf mit Achilles, dem die Göttin beisteht, und von dessen Brust sie H.s Speere abprallen macht; dieser bietet dem Achilles ehrlichen Zweikampf, und fordert nur, dass man seinen Leichnam, nach entzogenem Waffenschmuck, gegen Auslösung seinen Eltern zur Bestattung ausliefere, so wie, wenn er Sieger bleibe, auch Achilles' Leichnam den Danaërn ausgeliefert werden solle. Der ergrimmte Held verwirft jeden Vertrag; eine Lanze durchbohrt H.s Hals, noch kann er sprechen und bittet den blutdürstigen Sieger abermals um Rückgabe des Leichnams an seine Eltern, doch auch dem Sterbenden entzieht er grausam den letzten Trost. Der Getödtete wird der Waffen beraubt, viele der Griechen verwunden noch den erschlagenen Helden, und Achilles schleift ihn dreimal um die Leiche des Patroclus und um den Grabhügel desselben, bis endlich die Götter ihm befahlen, den Leichnam, an dem er seine volle Rache gekühlt, auszuliefern, was er denn an den alten Priamus, der, im Staube vor ihm liegend, seine Knie umfasste, gegen reiche Geschenke that. Sein Leichnam ward verbrannt, die Asche beigesetzt, und er als Heros verehrt. Unser Bild zeigt, nach einer Gemme, H., wie er die Griechen zurückdrängt.

Quelle:
Vollmer, Wilhelm: Wörterbuch der Mythologie. Stuttgart 1874, S. 231.
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