Horen

Fig. 162: Horen
Fig. 162: Horen

[255] Horen, (Gr. M.), Töchter des Jupiter und der Themis, Göttinnen der Jahreszeiten. Anfange gab es nur zwei H., als die Göttinnen, welche gedeihliche Blüthe und Zeitigung geben: Thallo (die Grünende), die Frühlings-H., und Carpo (die Fruchtbringende), die Herbet-H. Wie sie der Erde Reiz geben, so schmücken sie auch alles Andere, was liebenswürdig sein soll, neugeborene Kinder sowohl der Götter als der Menschen. Sie sind Dienerinnen des Jupiter und der Juno, bereiten dem Jupiter und der Europa das hochzeitliche Lager, und stehen in engster Beziehung zu den Grazien. Frühzeitig aber entwickelte sich neben dem physischen auch ein sittlicher Begriff der H.: wie sie regelmässigen Zeitwechsel und gedeihliches Wachsthum geben, so verleihen sie den Staaten Gesetzlichkeit, Recht und Frieden. Jetzt werden ihrer drei genannt: Eunomia, Dice und Irene, welche Namen eben Gesetzlichkeit, Recht und Friede bedeuten. Bei dieser Dreizahl blieb es übrigens nicht; der späteste römische Mythograph, Hygin, bringt, indem er die älteren Namen der H., spätere Beiwörter und Benennungen einzelner Zeiten unter einander mengt, zwei verschiedene Verzeichnisse, eines von zehn und eines von eilf H. zu Stande. Die Kunst hat sie dargestellt als reitende Jungfrauen, die als Attribute die Erzeugnisse der Jahreszeiten tragen. Unsere Abbildung zeigt sie nach einem Hautrelief im französischen Museum in Paris.

Quelle:
Vollmer, Wilhelm: Wörterbuch der Mythologie. Stuttgart 1874, S. 255.
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