Bleichen

[1063] Bleichen, verb. reg. welches in doppelter Gattung üblich ist.

1. Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte haben, bleich, d.i. weiß werden, besonders von der Luft und Sonne weiß gemacht werden. Die Leinwand, das Wachs hat noch nicht genug gebleichet. Ein schwarzer Mohr, der aber wieder gebleichet hat, Weiße. In figürlicher Bedeutung sagt Hagedorn von dem Weine:


Und wär es auch der beste Wein,

Der an der Mosel bleichet,


d.i. an der Sonne reifet.

2. Als ein Activum, eine weißere oder bleichere Farbe verschaffen; besonders durch Hülfe der Luft und Sonne weiß machen. Leinewand, Wachs, Knochen, Haare u.s.f. bleichen, sie an die freye Luft legen, damit selbige alle Unreinigkeiten verzehre, und die wahre weiße Farbe zum Vorscheine komme.


Vergebens bleicht man einen Mohren,

Vergebens straft man einen Thoren,

Gieseke.


Aber auch vermittelst anderer Mittel. Eisen bleicht man mit Scheidewasser und Zinn, wollene Tücher oder Zeuge mit Seife oder Kreide und Indigo oder Schwefel, die Seide mit Seife und Schwefel. Die Gärtner bleichen Endivien und Sellerie, wenn sie selbige an einem von der Luft und Sonne verschlossenen Orte ziehen, um sie weißer und angenehmer auf den Tisch zu liefern.

Anm. Ottfried gebraucht B. 2, Kap. 14, V. 211 bleichen Ein Mahl von dem weiß werden, d.i. Reifen des Getreides. Das Nieders. bleken, Schwed. bleka, Angels. blaecan, ablican, Engl. bleach, kommen mit dem Hochdeutschen überein. Herr Ihre will dieses Wort nicht zu bleich rechnen, weil es auch in allen[1063] Slavonischen Mundarten angetroffen wird, also wohl zunächst aus dem ehemaligen Scythien herstammen müsse. Allein daraus scheinet wohl nichts zu folgen. So fern dieses Wort ein Neutrum ist, gehet es im Oberdeutschen irregulär, ich blich, geblichen; welche Conjugation noch das zusammen gesetzte verbleichen behalten hat. S. auch Erbleichen.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 1. Leipzig 1793, S. 1063-1064.
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