Bleichen

[93] Bleichen heißt einen Körper des Thier- oder Pflanzenreiches seiner natürlichen Farbe berauben und ihn mehr oder minder weiß darstellen. Man bleicht vorzugsweise Leinwand, Wolle, Baumwolle, Seide und Papierstoffe. Das Bleichen, namentlich von Weißzeugen, kannten bereits die Aegypter, welche gewisse Thonarten dazu benutzten, eben so die Indier, welche Alkalien und Seifen dazu nahmen. Bei uns war Berthollet der Erste, welcher das Bleichen bei flächsenen und baumwollenen Garnen und Geweben anwendete und in französischen Manufakturen einführte. Die Art und Weise des Bleichens, wie sie jetzt am gebräuchlichsten ist, theilt man ein 1) in die Luft- und Sonnenbleiche (Rasenbleiche). Diese Art ist die vortheilhafteste, erfordert aber viel Zeit und Mühe, und ist nur in Haushaltungen anwendbar. Es geschieht trocken, indem man die Leinwand der Einwirkung der Witterung, des Thaues und Regens überläßt, naß, indem man das Gewebe nach jedesmaligem Trockenwerden wieder anfeuchtet, welches besser ist. Man unterscheidet ferner Sommer- und Winterbleiche; bei letzterer muß die Leinwand immer auf dem Schnee liegen. Je milder das Wasser ist, desto weißer wird das Zeug; in Holland weicht man die Leinwand nach dem Beuchen in saure Milch. 2) Die Bleiche mit Aetzlaugedämpfen, welche von Chaptal erfunden ward, besteht in der Beschleunigung des Beuchens durch die Wirkung des Wasserdampfes. Zu diesem Behufe wird die mit Lauge getränkte Leinwand in einem verschlossenen[93] Raume auf einen hölzernen Rost gelegt, unter welchem sich ein Kessel befindet. Dieser wird zum Theil mit Wasser gefüllt und 20–30 Minuten geheizt. Der Wasserdampf durchdringt die Leinwand und bewirkt gemeinschaftlich mit der Lauge die Auflösung des Farbestoffes. Ist Alles erkaltet, so nimmt man den Stoff heraus und legt ihn 2–3 Tage in's Freie, worauf er schön weiß wird. Auf diese Weise kann man auch seidene und wollene Zeuge bleichen. 3) Die Schnellbleiche geschieht mittelst übersäuerter Kochsalzsäure, von welcher man gewöhnlich den 12–20. Theil der Leinwand nimmt, diese, nachdem sie vorher gekocht oder gebeucht worden, in jener Auflösung hin und her zieht und dann an der Sonne trocknen läßt. Ist dieß mehrere Male geschehen, wäscht man sie rein aus, so gewinnt man dadurch allerdings viel an Zeit, muß aber freilich vorsichtig zu Werke gehen, daß die Säure nicht dem Stoffe schädlich werde. Zu Nürnberg auf der Schütt bestand bereits 1444 eine Bleichanstalt, berühmt wurden später die schlesischen und böhmischen Bleichen, namentlich aber die holländischen, und da die Localität der Luft und des Wassers wesentlich zu einer guten Bleiche beitragen, so sendet man aus den entferntesten Gegenden die Leinwand zur Bleiche dorthin.

O. M.

Quelle:
Damen Conversations Lexikon, Band 2. Leipzig 1834, S. 93-94.
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