Franzosen, die

[266] Die Franzosen, sing. inus. 1) Bey den Menschen, große Blattern und Eiterbäulen, welche eine der übelsten und ansteckendsten[266] venerischen Krankheiten begleiten, wo die ganze Masse der Lympha verderbt ist, welche sich denn auch völlig mit dem Blute vermischet, und so wohl die weichen als festen Theile des Körpers auf die schrecklichste Art angreifet, Lues venerea, Morbus gallicus. Die Franzosen haben, bekommen. Die Spanier sollen diese Krankheit, welche zuerst gegen das Ende des 15ten Jahrhunderts bekannt wurde, in Neapel fortgepflanzet haben, wo die Franzosen damit angestecket wurden, und sie aus Dankbarkeit daher noch jetzt Mal de Naples nennen. Durch die Französische Nation kam diese Krankheit in die übrigen Länder Europens, daher erstere auch die Ehre hat, daß solche fast in dem ganzen nördlichen Europa nach ihr die Franzosen genannt wird.


Und jenes, welches man bey uns nach Frankreich heißt;

Weil man sich sonderlich daselbst darauf befleißt,

Opitz.


In Joh. Agricolä Teutschen Sprichw. Hagen. 1537 heißt es S. 261. von dieser Krankheit, sie sey nebst ihrem Nahmen erst zu Kaiser Maximilians Zeiten aufgekommen. »Denn vor diser Zeit war dise kranckheyt vnd plattern vngehöret in deutschen landen. Da aber Maximilian krigete mit dem Ludovico Gibboso, König in Frankreich, vnd mit den Venedigern, brachten die vnsern dise plattern auß Lombardeyen inn Deutsche Land, davon sie auch noch heuttiges tags den namen haben, vnd heyssen Franzosen.« Im Schwed. heißt diese Krankheit Fransoser, im Engl. French pocks. Bey den heutigen Griechen bedeutet φραντζαζειν diese Krankheit haben. Die Türken und Perser, bey welchen diese Krankheit sehr häufig ist, nennen sie Ateschek, das kleine Feuer, die Araber aber, so wie wir, die Französische Krankheit. Ältere Deutsche Schriftsteller nennen sie Spanische Pocken, die Blattern, die Blatterlähme; die neuern aber, weil der Nahme Franzosen durch den häufigen Gebrauch ekelhaft und niedrig geworden ist, die Wollustseuche, oder Lustseuche. 2) Auch bey dem Viehe, z.B. den Schweinen und dem Rindviehe, hat man eine Krankheit mit diesem Nahmen beleget, welche aber nicht von wollüstigen Ausschweifungen herrühret, weil die Thiere hierin nicht so menschlich sind, sondern bey dem Rindviehe in einer Vereiterung der Eingeweide mit einem erstickenden und tödtenden Husten, bey den Schweinen aber in einer Art Finnen bestehet. S. Hungerfranzosen.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 2. Leipzig 1796, S. 266-267.
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