Galle (4), die

[394] 4. Die Galle, plur. von mehrern Arten und Quantitäten, die -n, eine bittere, seifenartige, gelblich grüne, und zuweilen schwarze Feuchtigkeit in den thierischen Körpern, welche zur Verdauung der Speisen sehr nothwendig ist, aber wenn sie sich zu häufig in den Magen ergießet, auch allerley Krankheiten verursacht. 1. Eigentlich. Die Galle läuft ihm über, die Galle wird bey ihm rege, sagt man im gemeinen Leben von einem Menschen, der zornig wird. Bitter wie Galle. Die schwarze Galle, atra bilis, ein von der vorigen Galle verschiedener, brauner dicker Saft, der von dem Blute abgesondert wird, sich in den Nebennieren befindet, und ein Merkmahl eines mürrischen, verdrießlichen und zornigen Temperamentes ist. Werden sie mir denn ewig meine Einsamkeit und meine schwarze Galle vorwerfen? Die Galle plaget ihn, sagt man von einem mürrischen Menschen, dessen dickes zähes Blut viele schwarze Galle absondert. Ihre Galle ist eine Zeit lang stille gewesen, aber nun hat sie sich desto stärker ergossen. 2. Figürlich. 1) Der Schwanz des Rothwildbretes bey den Jägern, weil derselbe der Sitz der Galle seyn soll, daher er auch sehr bitter ist. 2) Unangenehme Empfindungen, und was dieselben verursacht. Die Freude dieser Welt hat viel Galle, Opitz. Das Volk mit Galle tränken, Jer. 9, 15. 3) Bitterkeit des Herzens, feindselige zum Schaden geneigte Gesinnung. Honig im Munde, Galle im Herzen. Du bist voll bitterer Galle, Apostgesch. 8, 23.[394] Ich wollte lesen, aber meine Galle widersetzte sich, mein Unmuth.

Anm. Bey dem Ottfried und Notker Gallun, bey dem Raban Maurus Galla, im Nieders. Galle, im Angels. Gealla, im Engl. und Isländ. Gall, im Schwed. Galla, im Griech. χολƞ. Auch das Lat. Fel und Bilis scheinen hierher zu gehören, weil der Übergang der Lippen- und Blaselaute in die Gaumen- und Hauchlaute nichts seltenes ist. Bey dem hohen Alter dieses Wortes ist es ungewiß, ob es von gelb, im mittlern Lat. giallus, Engl. yellow, oder von einem der vorigen Wörter herstammet. Im Oberd. lautet es in der zweyten und den folgenden Endungen auch Gallen. Sie geben mir Gallen zu essen, Ps. 69, 22. Essig mit Gallen vermischt, Matth. 27, 34. Das Recht in Gallen wenden, Amos 6, 12; welche Form auch in vielen der folgenden Zusammensetzungen beybehalten worden.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 2. Leipzig 1796, S. 394-395.
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