Kreide, die

[1766] Die Kreide, plur. inus. eine weiße, kalkartige, leichte, feste Erde mit abfärbende Theilen, welche zuweilen in der Gestalt eines Steines verkommt und besonders zum Schreiben gebraucht wird. Mit doppelter Kreide schreiben, sagt man von jemanden, welcher zur Ungebühr anschreibt. Von dem Gebrauche dieser Erde zum Anschreiben in den Gasthöfen wird es auch figürlich so wohl für die Rechnung, als auch für Borg, Credit, gebraucht. Bey einem in die Kreide gerathen, in die Schuld, in die Rechnung. Auf die Kreide zehren, auf Rechnung, auf Borg. Immer frisch auf die Kreide los trinken. Wegen einiger Ähnlichkeit so wohl in der Farbe, als in der abfärbenden Beschaffenheit führen auch noch einige andere feste Erdarten den Nahmen der Kreide. Dergleichen ist die Spanische Kreide, welche auch Schmerstein genannt wird, eigentlich ein weißer Speckstein ist, und jetzt aus dem Bareuthischen kommt; die schwarze Kreide,[1766] welche ein schwarzer, weicher, blätteriger und abfärbender Schiefer ist; die Brianßoner Kreide, welche ein weißlicher und grüner Talk ist, der von Brianßon in Frankreich kommt, aber auch in England gefunden wird.

Anm. Im Nieders. Krite, im Schwed. Krita, im Dän. Krid, im Böhm. Krida, im Franz. Craie, welche insgesammt von dem Latein. Creta herstammen. Diesen Latein. Nahmen leitet man gemeiniglich von der Insel Kreta her, von welcher die Kreide zuerst hergekommen seyn soll. Indessen stände noch zu untersuchen, ob nicht vielmehr diese Insel ihren Nahmen von ihren Kreidufern habe, und ob nicht die Kreide von dem sehr alten Gebrauche, welchen man davon zum Schreiben gemacht, ihren Nahmen habe. Gratten, griten, Griech.χαραττειν, welches den Schall ausdruckt, den es bezeichnet, bedeutete ehedem nicht nur kratzen, sondern auch schreiben. S. Kratzen und Kritzeln.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 2. Leipzig 1796, S. 1766-1767.
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