Ton, der

[624] Der Ton, des -es, plur. die Töne. 1. Im eigentlichsten Verstande. (1) Ursprünglich scheinet dieses Wort eine Art eines Klanges bedeutet zu haben, und zwar einer solchen Art, welche durch dieses Wort und das Zeitwort tönen genau nachgeahmet wird. Noch jetzt gebraucht man es zuweilen für Klang. Der Ton einer Glocke, ihr Klang. Einen Ton von sich geben. Der Ton einer Posaune, 2 Mos. 19, 16; der Schall oder Klang. (2) In engerer und gewöhnlicherer Bedeutung ist der Ton ein Klang in Beziehung auf andere Klänge, ein Klang, welcher sich deutlich von andern unterscheiden und mit andern vergleichen läßt; in welchem Verstande es besonders in der Musik üblich ist. Ein tiefer, ein hoher Ton. Ein ganzer, ein halber Ton. Ein Instrument in den rechten Ton stimmen. Aus einem unrechten Tone anfangen. 2. In einigen engern und zum Theil figürlichen Bedeutungen. (1) In der Musik wird es oft für Tonart oder Tonleiter gebraucht, da es denn ein Collectivum ist, mehrere mit einander verbundene Töne zu bezeichnen, und daher auch wohl nicht leicht im Plural üblich ist. Aus welchem Tone geht das Stück? (2) Die Melodie eines musikalischen Stückes; eine größten Theils nur noch im gemeinen Leben übliche Bedeutung. Der Ton eines Liedes, dessen Melodie. Aus dem Tone kommen, aus der Melodie. Endlich kommt er in den Ton, in die rechte Melodie; ingleichen, figürlich, er kommt auf die Spur, er spricht, wie er sprechen sollte. (3) * Ehedem ward es auch häufig für ein Gedicht, ein Lied gebraucht. Die Schwäbischen Dichter und ihre Enkel, die Meistersänger, pflegten ihre Lieder oder singebaren Gedichte häufig Döne oder Töne zu nennen. In einigen Niedersächsischen Provinzen heißt Döhnken noch jetzt ein Liedchen. (4) Die Art und Weise, wie man die Stimme im Reden erhebet oder sinken lässet; ohne Plural. (a) Eigentlich. Den Ton verändern. In einem hohen Tone reden. Er sagte dieß in einem nachlässigen Tone. Etwas in einem befehlenden, bittenden, kläglichen Tone u.s.f. sagen. Immer in einem Tone reden, eintönig. (b) Figürlich, wo es 1. oft von der Art und Weise des Ausdruckes, ingleichen von dem Inhalte der Rede gebraucht wird. In einem hohen Tone reden, gebietherisch reden, ingleichen fordern, hoch hinaus wollen. Das ist nicht der kalte Lehrton, das ist der Ton der Begeisterung. 2. In noch weiterm Verstande ist der gute Ton nicht allein die gute Art und Weise sich in der Gesellschaft auszudrucken, sondern auch das ganze äußere Betragen in der menschlichen Gesellschaft; der Ton der guten Gesellschaft. Bist du so neu in der Welt, daß du nicht weißt, daß das Freye jetzt der gute Ton ist? Ein junger Mensch, der durch den Umgang mit Personen vom guten Tone noch nicht gebildet ist. (5) In engerer Bedeutung wird in der Sprachkunst die Erhebung der Stimme auf einer Sylbe der Ton und mit einem Lateinischen Worte der Accent genannt; auch ohne Plural. So hat in dem Worte Vater, die erste Sylbe den Ton, die letzte aber hat keinen. Der Ton ist entweder ein merklicher, welchen man auch den ganzen Ton nennen könnte, oder ein unmerklicher oder halber. In Vaterland hat die erste Sylbe den ganzen oder vollen Ton, welcher auch nur der Ton schlechthin genannt wird, die letzte aber den halben, weil die Erhebung der Stimme hier nicht so merklich ist. Der Ton ist von dem Zeitmaße oder der Länge und Kürze der Sylben sehr weit unterschieden, obgleich beyde, selbst von Sprachlehrern, häufig mit einander verwechselt werden. (6) Endlich wird in der Mahlerey das Wort Ton auch von den Farben und deren Verhältniß gegen einander gebraucht, wo es doch nur von einigen Neuern nach dem Vorgange des Französischen Ton[624] eingeführet worden. Es wird hier sowohl von einzelnen Farben im Verhältniß gegen andere, als auch collective, von allen Farben eines Gemähldes gebraucht, in welchem letztern Falle der Plural ungewöhnlich ist. Der schöne Ton eines Gemähldes, welcher sowohl von einem guten Gebrauche des Helldunkeln, als von der Freundschaft und Feindschaft der gebrauchten Farben abhanget. Zinnober und Blau machen einen unangenehmen Ton. Ein dumpfiger Ton, ein heller, schwarzer Ton, nachdem diese Farben mehr oder weniger herrschen. Die wenige Abwechselung in den Tönen des Colorits ist gemeiniglich ein Fehler der Schüler.

Anm. Bey den Schwäbischen Dichtern Don, im Angels. Dyn, im Engl. Tone, Tune, Din, welche doch Töne verschiedener Art ausdrucken, wovon der Grund in den Selbstlauten o, u und i liegt. S. Tönen.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 4. Leipzig 1801, S. 624-625.
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