Ton [1]

[675] Ton, 1) (Sonus), Wahrnehmung des Gehörsinnes von einer Reihe regelmäßig auf einander folgender Verdichtungen u. Verdünnungen der Luft; 2) diese Reihe von Verdichtungen u. Verdünnungen der Luft selbst, vorausgesetzt, daß sie rasch genug auf einander folgen, um vom Gehör nicht mehr als einzelne Lufterschütterung, sondern als Ganzes empfunden zu werden. Den ganzen periodisch wiederkehrenden Complex von Verdichtungen u. Verdünnungen von irgend einem Dichtigkeitszustande an bis zum nächstfolgenden gleichen nennt man eine Tonschwingung, u. insofern er sich vermöge der Elasticität der Luft von demjenigen [675] Punkte aus, an welchem die Erschütterung hervorgerufen wird, ringsum ausbreitet, eine Tonwelle; der Tonschwingung kommt also eine bestimmte Zeitdauer, z.B. bei ā etwa 1/430 Secunde, der Tonwelle aber in Folge dessen u. wegen der bestimmten Fortpflanzungsgeschwindigkeit des Schalles eine gewisse Länge zu, z.B. bei ā etwa 1050/430 = 2,4 Fuß zu; dem T. selbst schreibt man eine gewisse Schwingungszahl zu, u. versteht darunter die Anzahl von Schwingungen, welche den Zeitraum einer Secunde ausfüllen würden, z.B. bei ā 430. Von der Schwingungszahl hängt die Höhe u. Tiefe eines T-s, von dem Verhältniß der Schwingungszahlen zweier Töne ihre Consonanz od. Dissonanz, von der Schwingungsamplitude, welche beim T. jedem einzelnen Lufttheilchen zukommt, die Tonstärke u. von der Art wie sich die Verdichtungen u. Verdünnungen auf eine Schwingung vertheilen, ob sie nämlich mehr plötzlich od. mehr allmälig in einander übergehen, die Tonfarbe ab. Über alles dies s. Schall C) u. D). Vgl. G. Weber, Versuch einer geordneten Theorie der Tonsetzkunst, Mainz 1832; Chladny, Akustik, Lpz. 1802; Weber, Wellenlehre, Lpz. 1825; 3) so v.w. Tonart u. Tonleiter; 4) die Melodie eines musikalischen Stücks; 5) bei den Minnesängern so v.w. Weise od. Strophenart, s.u. Deutsche Literatur S. 890; 6) Ausdruck, welchen der Sprechende der Sylbe des Wortes verleiht, welche als die den Hauptbegriff enthaltende ausgezeichnet werden soll (Tonsylbe); ebenso der Ausdruck, welchen er in der Rede dem Wort verleiht, auf welchem der Nachdruck liegt, s. Accent. 7) Art u. Weise, wie man die Stimme im Reden erhebt u. sinken läßt; 8) figürlich die rechte Art u. Weise zu handeln; 9) das ganze äußere Betragen in der menschlichen Gesellschaft, das Beobachten gewisser Sitten u. Gebräuche; 10) die sämmtlichen in einem Gemälde befindlichen Farben u. ihr Verhältniß gegen einander. Der schöne T. eines Gemäldes hängt von dem rechten Gebrauch des Helldunkels u. von der Freundschaft der einzelnen Farben ab; man unterscheidet einen hellen, schwarzen, dumpfigen T.; die wenige Abwechselung in den Tönen des Colorits ist ein Fehler; 11) (Tonus), nach Stahl die den organischen Gebilden einwohnende, sich bald als Kraft (tonische Kraft), bald als Bewegung (tonische Bewegung) äußernde Lebensspannung; 12) die niedrigste Stufe der Irritabilität, mit dem vegetativen Leben in unmittelbarer Verbindung, allen Weichgebilden des Körpers eigen u. in demselben als der angemessene Grad der Consistenz, so wie als der Lebenstrieb, sich diesen letzteren zu erhalten, nicht weniger als die Empfänglichkeit für ihnen angemessene Reize sich aussprechend; 13) die in den Muskelgebilden in einer, in Vergleich mit andern Weichgebilden höheren Potenzirung hervortretende Irritabilität.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 17. Altenburg 1863, S. 675-676.
Lizenz:
Faksimiles:
675 | 676
Kategorien: