Die Bulle Unigenitus

[272] Die Bulle Unigenitus (Geschichte). Diese berühmte Bulle, die daher den Namen führt, weil sie sich mit den Worten: unigenitus Dei filius anfängt, wurde auf das Anstiften einiger Französischen Jesuiten im Jahre 1713 von Papst Clemens XI. erlassen, und war gegen die Jansenisten (s. dies. Art.) gerichtet. Die Schriften eines eifrigen Anhängers derselben, des Paschasius (Pasquier) Quesnel, wurden darin als ketzerisch verdammt. In Frankreich und den Niederlanden, wo die Secte der Jansenisten am stärksten war, versprach sich der Papst große Wirkungen davon; aber es erfolgte gerade das Gegentheil. In den Oestreichischen Niederlanden verbot die Regierung die Gültigkeit der Bulle als Glaubensgesetz; und in Frankreich entstanden deßhalb bedenkliche Unruhen unter der Geistlichkeit. Zwei Parteien traten unter dem Namen der Constitutionisten und Anticonstitutionisten auf. An der Spitze der letztern stand der Cardinal von Noailles und mehrere der angesehensten Geistlichen. Nachdem diese Partei an ein künftig zu haltendes allgemeines Concilium appellirt hatte, erhielt sie den Namen der Appellanten. Man verfolgte sich gegenseitig mit der größten Bitterkeit; und die Jesuiten glaubten ihres Triumphs gewiß zu sein, da sich Noailles endlich für die Annahme der Bulle erklärte. Aber nun traten die Parlamente auf die Seite der Jansenisten, und dadurch bekamen diese das Uebergewicht. So dauerten die Streitigkeiten fort bis zum Jahre 1756, worin Benedict XIV. ein [272] Breve erließ, das den Jesuiten höchst ungünstig war, und sie zu Unternehmungen verleitete, die bald darauf die Ursache ihres Falles wurden.

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Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 6. Amsterdam 1809, S. 272-273.
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