Die Socinianer

[310] Die Socinianer waren eine Religionssecte, welche in der letzten Hälfte des 16. Jahrhund. von Lälius Socinus (Sozzino), aus Siena (geb. daselbst 1525, gest. 1562), und hauptsächlich von dessen Neffen, Faustus Socinus (geb. 1539, gest. 1604) gestiftet wurde. Ihre Hauptlehre (welche jedoch schon in den ältern Zeiten von Paul Samosatenus, Photinus u. A. angenommen worden war) ging dahin aus, daß in Gottes Wesen nur Eine – keinesweges mehrere – Person sei (sie führen daher auch den Namen Unitarier); daß Christus zwar vom heiligen Geiste empfangen worden, auch keinen andern Vater als Gott gehabt, daß er aber keine göttliche Natur habe, allein man müsse ihn für Gott, d. h. als einen solchen Herrn, welcher göttliche Macht und Gewalt von Gott empfangen habe, erkennen; daß er keineswegs durch seinen Tod uns die ewige Seligkeit verdient, sondern bloß die Wahrheit gelehrt, große Beispiele der Tugend gegeben, und seine Lehre mit seinem Tode besiegelt habe; ferner, daß der heilige Geist nicht Gott, sondern eine Kraft Gottes sei etc. Diese Lehre nun breitete sich besonders in Pohlen – wohin sowohl Lälius Socinus (1558), als auch nachher sein Neffe, welcher auch unweit Cracau starb, sich geflüchtet hatten – aus, bis auf dem Reichstage im J. 1658 die [310] Socinianer als Ketzer verdammt, und genöthigt wurden, binnen zwei Jahren das Reich zu verlassen. Ein großer Theil wendete sich hierauf nach Ungarn und Siebenbürgen, ein anderer nach Holland, England, wo sie öfters Anhang, aber auch noch öftere Verfolgungen fanden; nicht minder auch nach Deutschland, namentlich nach Preußen etc. Ihre Lehre hat unterdessen immer, auch selbst unter den Protestanten, sehr viel Anhänger, öffentlich und im Stillen, gefunden.

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Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 5. Amsterdam 1809, S. 310-311.
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