Die Wartburg

[377] Die Wartburg, ein altes festes Bergschloß in Thüringen, ungefähr eine halbe Stunde von Eisenach, mit mahlerisch schönen Ruinen. Es ist wegen des eilfmonathlichen Aufenthalts des Doctor Luther berühmt, der hier während dieser Zeit an seiner bekannten Bibelübersetzung arbeitete. Als nehmlich Luther im Jahr 1521 von dem Reichstag zu Worms, auf welchem er als ein Ketzer in die Reichsacht erklärt worden war, zurückkehren wollte, wurde er auf Veranstaltung des Churfürsten zu Sachsen, Friedrichs des Weisen, von einigen verkleideten Personen aufgefangen, und auf dieses Schloß in Sicherheit gebracht. [377] Im folgenden Jahre verließ er es jedoch wider Willen des Churfürsten bei Gelegenheit einiger zu Wittenberg entstandenen Religionsunruhen. – Einen herrlich romantischen Anblick gewährt diese so interessante Burg; und die schönste Aussicht wird aus Luthers Zelle dem Auge gewährt. Mit Ehrfurcht betritt der Fremde, der hier herumgeführt wird, die Kirche, wo einst Luther predigte, den Rittersaal, die Rüstkammer. In der letztern wird auch die allerdings große und stattliche Rüstung des bekannten Prinzen-Räubers, Kunz von Kauffungen (s. dies. Art.), nicht minder die Kleider der eben damahls geraubten Prinzengezeigt. Der berühmte Tintenfleck, welcher noch von dem Lutherischen Wurfe nach dem Fürsten der Finsterniß herrühren soll, ist kaum mehr zu erkennen.

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Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 6. Amsterdam 1809, S. 377-378.
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