Sängerkrieg auf der Wartburg

[865] Sängerkrieg auf der Wartburg, nach der Sage ein Dichterwettkampf, welcher 1206 od. 1207 auf der Wartburg am Hofe des Landgrafen Hermann von Thüringen zwischen den damals berühmtesten Dichtern stattfand u. dessen Sujet das Lob des berühmtesten Fürsten jener Zeit war, mit der Bedingung, daß wer in dem Streite unterliege, gehenkt werden solle. Heinrich von Ofterdingen sang das Lob des Herzogs Leopold von Österreich, der Tugendhafte Schreiber u. Walther von der Vogelweide das des Landgrafen Hermann; da Heinrich für besiegt erklärt wurde, floh er zur Landgräfin Elisabeth, welche ihn unter ihrem Mantel verbarg u. dann ihm Erhaltung seines Lebens erwirkte, aber zugleich befahl, nach Ungarland zu ziehen u. den klugen Klingsor als Schiedsrichter herbeizuholen. Dieser kam u. begann nun unter Beihülfe der ihm dienstbaren Dämonen mit Wolfram von Eschenbach u.a. Dichtern einen neuen Wettkampf in Gelehrsamkeit u. Räthseln. Das mittelhochdeutsche Gedicht, welches jenen Wettkampf besingt, zum Theil vielleicht aus der Reminiscenz eines wirklich dort zu jener Zeit stattgefundenen poetischen Wettstreites, zum Theil aber aus bloßer Dichtung entstanden u. Kriec von Wartburg (Wartburgkrieg) genannt, ist ein Mittelding zwischen Streitgedicht u. Drama u. besteht aus zwei Theilen, deren erstergrößerer in dem sogenannten Thüringer Herren-Tone, in großen Strophen, die Lobgedichte der Fürsten, der andere im Schwarzen Tone, in kürzeren Strophen, den Räthselstreit erzählt; jener ist gewiß erst in der zweiten Hälfte, dieser zu Ende des 13. Jahrh. entstanden; der Verfasser ist unbekannt, Einige suchen die Entstehung des Gedichtes am Rheine u. glauben, daß es vielleicht ein Product der Mainzer Singschule sei. Das Gedicht, dessen Werth sehr überschätzt worden ist, hat in Frische u. Reichthum nichts mit den Poesien derer gemein, deren Namen die Wettkämpfer führen; es steht in der Manessischen Sammlung u. im 2. Bande von Hagens Minnesingern, auch herausgeg. von Zeune, Berl. 1818, u. Ettmüller, Ilm. 1830; vgl. Koberstein, Über das wahrscheinliche Alter u. die Bedeutung des Gedichtes vom Wartburger Kriege, Naumb. 1823; Lucas, Über den Krieg von Wartburg, Königsb. 1838; von Plötz, Über den S. a. d. W., Weim. 1851.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 14. Altenburg 1862, S. 865.
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