Domenichino Zampieri

[456] Domenichino Zampieri, noch bekannter unter dem erstern Namen, Domenichino, nimmt unter den Künstlern, und vorzüglich als Mahler, eine ausgezeichnete Stelle ein. Gebürtig von Bologna, hatte er den Dionys. Calvart und den Caraccio zu Lehrern; und ob es ihm gleich anfangs sehr schwer wurde (weßhalb ihn auch seine Mitschüler wegen der Langsamkeit in seinen Arbeiten öfters verspotteten), so entwickelten sich doch seine herrlichen Talente immer mehr, und erwarben ihm bald bedeutenden Ruf. Um so mehr wurde er nun auch von seinen Kunstverwandten angefeindet; und außer Franz Albani, seinem einzigen aufrichtigen Freunde, konnte er sich keiner weiteren Kunstfreunde rühmen. Zu Neapel, wo er in der prächtigen Schatzcapelle arbeitete, wurde er von den übrigen Mahlern so verfolgt, daß er aus der Stadt entfliehen mußte; und bei seiner Zurückkehr verdarben ihm die von jenen bestochenen Maurer seine Arbeiten. Selbst sein Tod, der im 60. Jahre seines Alters, 1641, erfolgte, war, nach aller Vermuthung, die Folge beigebrachten Gifts. Als Mahler hat denn dieser vortreffliche Künstler bei allen Kennern einen hohen Werth; den höchsten hatte er in seinen Frescogemählden. Correcte Zeichnung, wohl gewählte Stellungen,[456] besonders aber die Ausdrücke der Leidenschaften, welche er vorzüglich studirte, zeichnen seine Arbeiten sehr aus. Sein H. Hieronimus wird zu den größten Meisterstücken in der Mahlerei gerechnet. Auch als geschickter Baukünstler zeigte er sich beim Papst Gregorius XIII. der ihm die Aufsicht über die päpstlichen Gebäude anvertraute; und die treffliche Villa Aldobrandini zu Frescati hat in den Gärten sowohl als im Palaste selbst die schönsten Denkmähler von Domenichinoʼs Kunst auch hierin aufzuweisen. Von seiner – Künstlern sonst nicht alle Mahl eignen – Bescheidenheit ist folgende Anekdote ein schöner Beweis: Eines Tages traf er in der Kirche zu Rom (St. Girolamo della Carità), wo sein H. Hieronimus aufgestellt ist, einen Künstler, der dieses berühmte Gemählde copirte. Domenichino trat näher, und rieth jenem, doch einige Fehler, die sich in dem Original befänden, zu verbessern. Der Mahler, welcher unsern Künstler nicht persönlich kannte, höchst unwillig über diese Aeußerung, bot ihm sogleich Pinsel und Pallette dar, um dieß selbst zu thun. Er nahm es sofort willig an, wandte dem Original den Rücken zu, und verbesserte die angezeigten Fehler, indem er zugleich, zum höchsten Staunen des unbekannten Mahlers, die Copie allenthalben mit der größten Fertigkeit durchging.

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Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 6. Amsterdam 1809, S. 456-457.
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