Hugo Grotius

[140] Hugo Grotius, der größte aller Niederländischen Gelehrten, hatte auf die Cultur der meisten Wissenschaften den mächtigsten Einfluß; und sein durchdringender, großer Geist machte ihn in allem, was er unternahm, gleich bewundernswürdig und verdienstvoll. Er war zu Delft 1583 geboren, wurde schon im sechzehnten Jahre Doctor der Rechte, und erwarb sich durch viele Schriften schon damahls einen ausgezeichneten Ruhm. Er erhielt dann das Syndicat von Rotterdam, [140] wurde aber, weil er die Arminianer, eine religiöse vom damahligen Erbstatthalter verfolgte Secte, sehr lebhaft vertheidigte, zu lebenslänglichem Gefängniß auf dem Schlosse Löwenstein verurtheilt. Seine Gemahlin rettete ihn jedoch durch List, indem sie ihn in einer leeren Bücherkiste aus dem Gefängnisse fortschaffen ließ. Er floh verkleidet nach Frankreich, wurde von da aus durch Gustav Adolph nach Schweden berufen, und von ihm abermahls nach Frankreich als Gesandter geschickt. Er behauptete diese Würde über 10 Jahr, verlangte dann seinen Abschied, und ging, nachdem er ihn erhalten hatte, wieder nach Schweden an Christinens Hof. Da es ihm aber daselbst nicht gefiel und er sein Vaterland wiedersehen wollte, fuhr er zu Schiffe über die Ostsee, wurde aber durch Sturm an die Pommerschen Küsten verschlagen. Der erlittene Schiffbruch verursachte ihm eine tödtliche Krankheit; er konnte nur bis Rostock kommen, und starb hier 1465. Er war der erste, der das Naturrecht (eine bisher fast ganz unbekannte Wissenschaft) in seinem Buche vom Rechte des Kriegs und des Friedens, welches ein erstaunendes Glück machte und bis zu den Thronen drang, ausführlich bearbeitete: nicht minder berühmt machte er sich als Philog, Theolog, Jurist und Geschichtsforscher; vorzüglich musterhaft sind seine Erzählungen der heiligen Bücher, und seine gründlichen Werke, die er über die Geschichte geliefert.

Quelle:
Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 2. Amsterdam 1809, S. 140-141.
Lizenz:
Faksimiles:
140 | 141
Kategorien: