Vanloo

[293] Vanloo. Dieß adliche Geschlecht, aus Eclüse in Flandern, hat eine Menge geschickter und in der Kunst berühmter Männer hervorgebracht. Der Erste unter denselben, der die Mahlerei trieb, war Johann. Sein Sohn, Jakob, ein vortrefflicher Portrait-Mahler zu Amsterdam, folgte seinem Sohne Ludwig nach Paris, und hatte das Vergnügen, diesen den ersten Preis in der Akademie gewinnen zu sehen. Dieser Ludwig Vanloo, welcher nachher wegen eines Duells sich nach Nizza flüchten mußte, und als geschickter Zeichner und Freskomahler Ruf hatte, ward der Vater zweier Sohne, welche den Namen ihres Geschlechtes eben zu dem großen Rufe erhoben, den es unter den Künstlern erlangt hat. Der älteste besonders,

Johann Baptista (geboren zu Air 1684), zeigte schon im Achten Jahre die glücklichste Anlage und ein Genie, das für Geschicht- und für Portraitmahlerei gleich geschickt war. Um ihn und seinen Besitz bewarben sich in der Folge mehrere fürstliche Personen. Der Prinz von Carignan ließ ihn unter den schmeichelhaftesten Bedingungen (1714) nach Rom reisen: hier besuchte er die Schule des Benedetto Lutti, der ihn einige Mahl mit den Worten umarmte: Vanloo, Du verstehst mehr als ich! Mehrere seiner Arbeiten wurden jetzt auch auswärts gesucht; und seinen historischen Gemählden mußte man den Ruhm zugestehen, daß sie in Ansehung der kräftigen Manier den besten neuern Gemählden gleich waren. Dem Befehl des Prinzen von Carignan, welcher sich 1718 Paris zu seinem Aufenthalt wählte, zu folgen, kam er, nachdem er unterweges zu Turin durch mehrere Gemählde sich verewigt [293] hatte, 1719 nach Paris, wo ihm der Prinz in feinem Palast eine Wohnung einräumte, um ihn bei seinen Arbeiten fleißig besuchen zu konnen. Portraitmahlerei ward jetzt, ob er gleich die Geschichtsmahlerei nicht aus den Augen ließ, sein Hauptgegenstand, bis er, 1731, als wirkliches Mitglied der Akademie aufgenommen, und durch einige große Stücke, namentlich die Befreiung des Apostels Petrus aus dem Gefängnisse, in der Kirche von St. Germain de Pres, noch mehr erhoben, im Jahr 1735 wirklicher Professor bei der Akademie ward. Auch London sollte ihn einige Zeit bei sich haben, wo er von 1738 bis 1742 unter außerordentlichem Zulause arbeitete, dann aber nach Air zurück ging, und 1745 im 61. Jahre mit Hinterlassung eines Vermögens von 90,000 Livr. starb. Dieser berühmte Künstler erfand und zeichnete mit großer Leichtigkeit; an seinen Gemählden rühmt man eine kecke und verständige Behandlung des Pinsels, gute Auswahl und eine edle erhabene Zusammensetzung. Sein jüngerer Bruder,

Carl Andreas Vanloo (geb. zu Nizza 1705, gest. zu Paris 1765), welcher auch eine Zeit lang zu Rom den Unterricht seines Bruders und auch des Bened. Lutti genoß, 1735 ebenfalls in die Mahler-Akademie zu Paris aufgenommen, und 1762 erster königl. Mahler und Director der Akademie ward, zeichnete sich als geschickter Historien- und Landschafts-Mahler aus. Richtige Zeichnung, sorgfältige Ausführung, ein liebliches angenehmes Colorit waren Eigenheiten, die auch ihn den Namen seines Geschlechts in dem erworbenen Ruhm erhalten ließen.

Quelle:
Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 6. Amsterdam 1809, S. 293-294.
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