William Hogarth

[210] William Hogarth. Dieser geistvolle und treffende Charakter- und Sittenmahler, dessen Gemählde viel zu wahr sind, als daß man sie, wie oft geschieht, Carricaturen nennen dürfte, wurde 1689 zu St. Martin Ludgate geboren, und begab sich anfangs zu einem Goldschmid in die Lehre. Hier fing er bald an, sich in solchen Arbeiten auszuzeichnen, zu welchen Zeichnung nöthig ist. Im J. 1720 fing er an, für seine eigne Rechnung zu arbeiten, erst in Metall, dann für Buchhändler; er machte die Kupfer zu der Duodez-Ausgabe des Hudibras und andre Arbeiten, wodurch er sich bald Ruf erwarb. Im J. 1730 heirathete er die [210] einzige Tochter des Sir James Thornbill, und im J. 1733 machte er sich durch seine Blätter, der Weg der Buhlerin, überaus berühmt. Nach dem Aachner Frieden unternahm er eine Reise nach Frankreich, wurde aber in Calais, wo er eine Situation für seinen Privatgebrauch aufnahm, für einen Spion gehalten und arretirt; und nicht ohne Mühe erhielt er seine Freiheit wieder. Im J. 1753 gab er seine berühmte Zergliederung der Schönheit heraus, worin er die Wellenlinie für die Linie der Schönheit erklärt. Die Wahrheit, die in den Hogarthschen Werken herrscht, ist bewundernswürdig; aber auch wenige Künstler studiren so die Natur, wie er es that. So oft er eine merkwürdige Physiognomie, einen merkwürdigen Zug erblickte, zeichnete er sich denselben sogleich auf seinen Nagel, damit er ihn nicht vergesse. Uebrigens war er sehr für sich eingenommen und leicht zu beleidigen. Man hat Hogarths Werke oft commentirt, aber nie so treffend, so ganz im Geiste ihres Urhebers, als es gegenwärtig vom Herrn Hofrath Lichtenberg geschieht, welcher uns auch des Künstlers Biographie liefern wird. – Aus der kurzen Nachricht von Samuel Irelands Graphic Illustrations of Hogarth (eine Nachlese zu den bisher bekannten Hogarthschen Werken) wird es nunmehr gewiß, daß Hogarth einen eignen Aufsatz über sein Leben, ein Supplement zu seiner Zergliederung der Schönheit, und Erklärungen über einige seiner Kupferstiche hinterließ, wovon aber bis jetzt noch kein Gebrauch gemacht ist, und deren gegenwärtiger Besitz nicht bekannt zu sein scheint.

Quelle:
Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 2. Amsterdam 1809, S. 210-211.
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