Noten

[155] Noten (Musik), diese bekannten willkührlichen Zeichen, wodurch die Reihe der Töne, sowohl nach der[155] Höhe und Tiefe, als nach der Dauer derselben, angedeutet wird, sind für den Gesang das, was die Buchstaben für die Rede, vor deren Erfindung man den Gesang, eben so wie hier die Rebe, blos durch oft wiederholtes Hören dem Gedächtniß einprägen mußte. Die Griechen und Romer bezeichneten die Töne durch Buchstaben Im II. Jahrhundert nach Chr. G. wurde endlich durch Guido dʼArezzo (s. d. A) der erste Grund zu den jetzt gebräuchlichen Noten gelegt, indem er, statt der Buchstaben, auf verschiedene parallel und die Queere gezogene Linien bloße Punkte setzte, deren jeder einen Ton andeutete; und die Hohe der Linie, auf welcher er stand, zeigte die Höhe des Tons im System an. Nach und nach kam man nun auch darauf, die Dauer oder Geltung der Note durch verschiedene kürzere oder längere Zeichen anzugeben – gewöhnlich schreibt man die Erfindung dieser Einrichtung dem Johann von Muris (einem Chorherrn zu Paris) zu – und so entstand nach und nach die jetzige vervollkommnete, für die Tonkunst allerdings höchst vortheilhafte, Form und Einrichtung unsers Notensystems.

Jedoch gilt diese Kunst, Noten aufzuschreiben, nur von den Europäischen Völkern; wenigstens ist gewiß, daß Araber sowohl als Chinesen – beides bekanntermaßen Völker, die sich in Cultur der Wissenschaften immer sehr auszeichneten – nichts von jenen Zeichen wissen. Die Perser geben zwar den 48 Tönen ihrer Musik Namen von Städten oder Theilen des menschlichen Körpers [sie sagen z. B. wenn von einem Tone zum andern übergegangen werden soll; Gehe von dieser Stadt zu jener; oder: gehe vom Finger zum Ellnbogen] aber sie haben doch keine eigenthümlichen Zeichen, um diese verschiedenen Klange aufm Papier vorzustellen. Und die Chinesen wunderten sich, nach P. dü Halde, außerordentlich, als sie die Jesuiten ihre chinesischen Melodien, die man ihnen vorspielte oder vorsang, aufschreiben, und sogleich vom Blatte lesen sahen.

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Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 8. Leipzig 1811, S. 155-156.
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