Billigkeit

[252] Billigkeit wird die Übereinstimmung einer Handlung mit dem innern Rechtsgefühle genannt und öfters dem Rechte entgegengesetzt, insofern dies blos eine Übereinstimmung mit den Foderungen der Gesetze des Staats bezeichnet. Diese können in einem einzelnen Falle unverhältnißmäßig hart, ja selbst gradezu ungerecht sein, was zu dem Sprichworte: »Das größte Recht ist oft das größte Unrecht« Veranlassung [252] gegeben hat. Solche Härten und Ungerechtigkeiten gleicht die Billigkeit aus, indem sie nicht blos den Buchstaben des Gesetzes, sondern alle in einem einzelnen Falle mitwirkenden Umstände berücksichtigt. Wenngleich der Richter in der Regel nach den Grundsätzen des strengen Rechts und nicht nach den Rücksichten der Billigkeit oder seines moralischen Gefühls zu entscheiden hat, so fanden doch schon bei den Römern gerichtliche Entscheidungen nach Billigkeitsrücksichten statt und auch zufolge vieler neuern Gesetzgebungen ist es ausdrücklich gestattet, in bestimmten Fällen mehr nach der Billigkeit, als nach dem strengen Rechte zu verfahren, was namentlich bei dem Institute der Friedens- und Schiedsrichter vorzukommen pflegt.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1837., S. 252-253.
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