Epistel

[677] Epistel heißt nach dem Griechischen ein Brief, in der christlichen Kirche aber werden unter den Episteln insbesondere die im N. T. enthaltenen Briefe. der Apostel und die von jeher aus denselben zu Predigttexten ausgewählten Abschnitte verstanden. (S. Perikopen.) Epistel heißt ferner vorzugsweise der poetische Brief, welcher keiner besondern Dichtungsart beigezählt werden kann, indem er bald erzählend oder episch, bald lyrisch oder didaktisch gehalten ist, je nachdem Stoff und Absicht es fodern; auch muß sich darin durchaus die Beziehung auf den Schreiber und die Person aussprechen, an welche er gerichtet ist. In der letztern muß sich der Verfasser aber zugleich den Vertreter der gesammten Menschheit denken, wenn sein Schreiben mehr als ein gereimter Privatbrief sein soll, welcher blos für den Schreiber und den Empfänger ganz verständlich ist. – Der schriftliche Vortrag wird epistolarisch genannt, wenn er die Form eines Briefes oder Sendschreibens hat, welche gleich der Gesprächsform auch oft bei wissenschaftlichen Darstellungen benutzt worden ist, um ihnen mehr Lebendigkeit zu geben, indem man sich gleichsam mit Jemand über bestimmte Gegenstände unterhält oder zwei Personen Briefe miteinander wechseln läßt.

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Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1837., S. 677.
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