Linsen

Linsen

[750] Linsen oder Linsengläser nennt man die zur Herstellung verschiedener wichtiger optischer Instrumente, als namentlich der Brillen, Mikroskope und Fernröhre dienenden kleinen Glastafeln, deren eine oder deren beide Oberflächen so geschliffen sind, daß sie Theile einer bestimmten Kugelfläche bilden.

Man sagt, ein Glas sei nach einem gewissen Halbmesser geschliffen, wenn seine rundliche Fläche nach allen Richtungen gleichmäßig fortgesetzt, die Oberfläche einer Kugel gibt, deren Halbmesser die angegebene Größe hat. Ebene Flächen bei Linsen heißen plan, ausgebogene – erhaben oder convex, eingebogene – hohl oder concav. Hiernach werden nun verschiedene Arten der Linsen unterschieden, die in ihren Wirkungen auf das Licht sehr von einander abweichen. Die nachstehende Zeichnung zeigt die verschiedenen Linsen, wie sie sich darstellen, wenn man sie sich mittendurch senkrecht auf ihren Flächen zerschnitten vorstellt. A ist eine biconvexe oder zweimal erhabene, B eine planconvexe oder eben-erhabene, C eine concav-convexe oder erhaben-hohle, auch Meniskus genannt, D eine biconvexe oder doppelthohle, E eine plan concave oder ebenhohle, F eine convex-concave oder erhaben-hohle Linse. C und F unterscheiden sich nur dadurch, daß die concave Fläche bei C nach einem größern, bei F nach einem kleinern Halbmesser geschliffen ist als die convexe. Nach ihren Wirkungen und ihrer Gestalt faßt man die drei ersten der angegebenen Linsen, welche in der Mitte dicker sind als an den Rändern, unter dem Namen der convexen Linsen oder Sammlungslinsen, die drei letzten, bei welchen die Mitte dünner als die Ränder sind, unter dem Namen der concaven Linsen oder Zerstreuungslinsen zusammen. Es bewirken nämlich die convexen Linsen, daß die durch dieselben hindurchgehenden Lichtstrahlen in Folge der zweimal stattfindenden Brechung (s. Licht) stärker convergirend gemacht werden, oder, was Dasselbe, daß die in paralleler Richtung auf sie fallenden Strahlen in einem hinter der Linse liegenden Punkte, welcher der Brennpunkt oder der Focus heißt, sich sammele, während die concaven Linsen die auf sie fallenden Strahlen stärker divergirend machen, oder, was Dasselbe, bewirken, daß die parallel auf sie fallenden Strahlen, nachdem sie das Glas durchdrungen haben, so auseinanderfahren, als ob sie sinnlich in geradlinigen oder verschiedenen Richtungen von einem vor der Linse liegenden Punkte, dem sogenannten Zerstreuungspunkte, ausgegangen wären. Die Entfernung des Brennpunkts von der Linse bei den Sammlungsgläsern, die Focaldistanz oder Brennweite, sowie die Entfernung des Zerstreuungspunkts von der Linse bei den Zerstreuungsgläsern hängt von der größern oder geringern Krümmung der Flächen der Linsen ab. Bei sämmtlichen Linsengläsern heißt die gerade Linie, welche durch [750] die Mittelpunkte geht und auf den gekrümmten oder ebenen Flächen beider Seiten senkrecht steht, die Ach se der Linsen. Eine Linse, bei welcher die Achse genau zusammenfällt mit den zu den Kugelflächen gehörigen Mittelpunkten, wird eine richtig centrirte genannt. Auf dieses richtige Centriren kommt es beim Gebrauche der Linsen zu optischen Instrumenten wesentlich an. Fernröhre und Mikroskope sind im Grunde nichts Anderes als künstliche Anordnungen oder Zusammenstellungen von Linsen. Die Lupen und Brenngläser (s.d.) sind einfache Sammlungslinsen, ebenso auch die Brillen und Lorgnetten, deren sich Kurzsichtige bedienen, wogegen die Brillen und Lorgnetten Weitsichtiger aus einfachen Zerstreuungsgläsern bestehen.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1838., S. 750-751.
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