Fernrohr

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Fernrohr

[27] Fernrohr oder Teleskop ist ein Instrument, durch welches das Auge entfernte Gegenstände größer erblickt, als ohne dasselbe der Fall sein würde.

Die wesentlichen Bestandtheile der Fernröhre sind eine lange, meist aus mehren ineinander geschobenen Theilen zusammengesetzte Röhre, die verlängert und verkürzt werden kann, und mehre geschliffene Gläser oder Spiegel. Diejenigen Fernröhre, welche nur geschliffene Gläser, Linsen (s.d.) enthalten, werden Refractoren oder dioptrische Fernröhre genannt zum Unterschiede von den Reflectoren oder katadioptrischen Fernröhren, welche aus Linsen und Spiegeln zusammengesetzt sind. Der Name Refractor bedeutet so viel als Brecher, weil beim Durchgange eines Lichtstrahls durch jede der Linsen derselbe gebrochen, d.h. von seiner ursprünglichen Richtung abgelenkt wird. Ist z.B. C D die erste, G H die zweite Linse eines Fernrohrs und fallen von einem sehr entfernten leuchtenden Gegenstande Strahlen auf die Linse C D, so werden diese in einem Punkte O (dem Brennpunkte der Linse) sämmtlich vereinigt, indem sie, wie die Figur andeutet, ihre Richtung bei C D ändern. In O entsteht ein Bild des entfernten Gegenstandes, welches durch die Linse G H, hinter der das Auge gebracht, beobachtet wird und dessen Strahlen bei G H wieder gebrochen werden und so ins Auge dringen. Ein derartiges Fernrohr, aus zwei auf beiden Seiten erhaben geschliffenen Gläsern (biconvexen Linsen) bestehend, die in einer Röhre angebracht sind und in die gehörige Entfernung gegen einander gebracht werden müssen, heißt ein astronomisches Fernrohr, weil es namentlich in der Sternkunde (s.d.) angewendet wird. Das Glas C D, welches dem Gegenstande (lat. objectum) zugekehrt wird, heißt das Objectivglas, das dem Auge (lat. oculus) G H zugekehrte Glas das Augenglas oder Ocular. Die mitten durch das Fernrohr hindurchgehende gerade Linie, in welcher die Brennpunkte beider Linsen liegen, wird die Achse des Fernrohrs genannt. Ein anderes Refractionsinstrument ist das Erdfernrohr, welches zwei Augengläser mehr, mithin zusammen vier Linsen hat. Die Einrichtung und Wirkungsart eines Reflectors oder Spiegelteleskops ist in der folgenden Figur dargestellt. A B bezeichnet einen leuchtenden Gegenstand, C D ist ein im Hintergrunde des Fernrohrs angebrachter Hohlspiegel (s.d.), der alle auf ihn fallenden Strahlen so zurückwirft, daß sie auf dem ebenen Spiegel E F, welcher in einem Winkel von 45° geneigt ist, ein Bild des Gegenstandes herstellen. Dieses Bild ist es, welches durch das Augenglas G H beobachtet wird, indem das Auge an der vor dem Glase sich befindenden Öffnung gebracht wird.

Der Erfinder des Fernrohrs, dieses wichtigen Instruments, dem wir die erhabensten Entdeckungen verdanken, ist unbekannt. Unter Andern werden Zacharias Jansen und Joh. Lippersheim, holl. Brillenmacher, genannt. Um das [27] Ende des 16. Jahrh. wurden die dioptrischen Fernröhre bekannt und der berühmte Galilei (s.d.), der von ihnen hörte, stellte das erste astronomische Fernrohr her. Der Erfinder der Spiegelteleskope war der unsterbliche Newton (s.d.). Seitdem sind beide Arten von Teleskopen vielfach verbessert und in neuerer Zeit sind die ausgezeichnetsten Instrumente von Herschel in England und von Fraunhofer in München hergestellt worden. Die Entdeckung der Spiegelteleskope war dadurch herbeigeführt worden, daß die dioptrischen Fernröhre durch die bei ihnen stattfindende Brechung des Lichts störende Farbenerscheinungen veranlaßten. Diesem Übelstande hat John Dollond, ein ausgezeichneter optischer Künstler in England, dadurch abgeholfen, daß er zwei verschiedene Glasarten, Flintglas und Kronglas, zur Herstellung des Objectivglases vereinigte. (S. Glas.) Die auf solche Weise construirten Fernröhre werden achromatische, d.h. farblose, genannt. In neuester Zeit hat Plössl, Optiker in Wien, die dialytischen Fernröhre erfunden, welche bei größerer Wohlfeilheit und Kleinheit Dasselbe wie die achromatischen leisten und sich von diesen dadurch unterscheiden, daß die verschiedenen Glasarten getrennt sind. Der ausgezeichnetste Refractor war bisher der sogenannte Riesenrefractor von Fraunhofer auf der Sternwarte zu Dorpat, der 13 F. lang ist, dessen Objectiv eine freie Weite von 9 pariser Zoll hat und der eine 500malige Vergrößerung verträgt. Ein noch größeres Instrument wird gegenwärtig in der münchner Fabrik auf Rechnung des Kaisers von Rußland hergestellt. Dasselbe soll 20 F. Länge und 131/2 Zoll freie Objectivöffnung erhalten. Die Spiegelteleskope haben einen noch viel größern Umfang; so z.B. hat das vierzigfüßige Riesenteleskop Herschel's einen Hohlspiegel, der 2178 Pf. wiegt und 41/2 F. im Durchmesser hat.

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Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1838., S. 27-28.
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