Liturgie

[755] Liturgie ist ein aus dem Griechischen stammendes Wort zur Bezeichnung der festgesetzten Einrichtung des öffentlichen Gottesdienstes in christlichen Kirchen, also im Allgemeinen die Kirchenordnung. In einem beschränktern Sinne werden aber auch die Formulare, Gebräuche und Ceremonien, aus denen der liturgische Theil des öffentlichen Gottesdienstes besteht, sowie die Bücher, in denen sie vorgeschrieben sind, die Kirchenagenden (s. Kirche), Meßbücher, Liturgien genannt. Die Liturgie der römisch-katholischen Kirche empfing ihre ursprüngliche Gestalt durch Gregor den Großen, der sie zum großen Theil in seinem Meßkanon festsetzte. Sie kann aber nur in der lat. Sprache als der herrschenden Kirchensprache gehalten werden; daher in der katholischen Kirche eine Übersetzung des röm. Missales unter die verbotenen Bücher gehört. Die Liturgie des evangelischen öffentlichen Gottesdienstes war unmittelbar nach der Reformation lediglich eine Wiederherstellung der ältern christlichen Gebräuche, womit zugleich die Landessprache für den kirchlichen Gebrauch festgesetzt wurde. Die hierdurch entstandene Liturgie der alten protestantischen Kirche hat jedoch in neuerer Zeit eine vielfach veränderte Gestalt dadurch gewonnen, daß an vielen Orten selbst neue Agenden eingeführt worden sind, unter denen die preuß. am merkwürdigsten ist. (S. Kirche.) Die Wissenschaft von der zweckmäßigen Einrichtung religiöser Handlungen heißt Liturgik, die, indem sie dazu dient, das Gemüth an die Gegenstände der Religion zu fesseln und zur Andacht zu erheben, eben so viel Geschmack, als Kenntniß des menschlichen Herzens voraussetzt.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1838., S. 755.
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