Mazeppa

[90] Mazeppa (Iwan Stepanowitsch), Hetman der Kosacken und Fürst der Ukraine, war der Abkömmling eines armen poln. Edelmanns, wurde Page bei dem 1648 auf den poln. Thron gelangten König Johann Kasimir, durch ein zärtliches Verhältniß aber mit der Gattin eines poln. Großen das Ziel der Rache desselben, der ihn gefangen nehmen, nackt auf ein wildes Pferd binden und diesem die Freiheit geben ließ. Das Thier floh mit seiner Bürde in die Einöden der Ukraine, wo es von Hirten aufgefangen und der von Hunger und Erschöpfung halbtodte M. aus seiner gefährlichen Lage gerettet wurde. Er blieb nun bei den kriegerischen Landesbewohnern und erwarb sich durch seine Tapferkeit und Einsicht so sehr das Vertrauen derselben, daß sie ihn 1687 an die Stelle ihres wegen seiner Unfähigkeit entsetzten Hetmans wählten, dessen Adjutant und Schreiber M. zeither gewesen war. Er schloß sich nun eng an Peter den Großen an und leistete ihm 20 Jahre hindurch sehr wichtige Dienste, wofür er mit Gunstbezeugungen überhäuft und zum Fürsten der Ukraine ernannt wurde. Peter baute so unbedingt auf M.'s Treue, daß er ihm den Kosackengeneral Kotschubey und einen andern Offizier, welche ihn eines verrätherischen Einverständnisses mit Karl XII. von Schweden beschuldigt hatten, 1708 zur Bestrafung zusandte. M. ließ sie hinrichten, stand aber nichtsdestoweniger in Verbindung mit dem Gegner des Zars, dessen Oberherrschaft er abzuwerfen trachtete und gegen den er Karl XII. mit aller Macht beistehen wollte. Bevor er sich aber mit demselben vereinigen konnte, erhielt Peter der Große Beweise von M.'s Absichten, ließ nun viele seiner Anhänger hinrichten und M. selbst im Bilde an den Galgen hängen. Jetzt von seinem Heere verlassen, rettete sich der Letztere mit einem kleinen Gefolge zu Karl XII., den er hauptsächlich zu dem verunglückten Zuge ins südl. Rußland vermocht hatte, und floh mit demselben nach der Niederlage bei Pultawa im J. 1709 nach Bender, wo er bald darauf starb. M.'s Jugendgeschichte hat Lord Byron den Stoff zu einem seiner vorzüglichsten Gedichte geliefert.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1839., S. 90.
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