Memel

[108] Memel, eine Kreisstadt in Ostpreußen, gehört zum Regierungsbezirke Königsberg, liegt an der Mündung der Dange in das kurische Haff, hat 7700 Einw. und ist die nördlichste Stadt des preuß. Staats. M. treibt einen noch immer bedeutenden Handel mit Producten der Ostseeländer, besonders Häuten, Talg, Holz und Leinsamen, wovon das Meiste nach England ausgeführt wird. Der Hafen, den eine Citadelle schützt, hat wegen der Sandbänke eine ziemlich gefährliche, durch einen Leuchtthurm bezeichnete, Einfahrt, ist aber geräumig und sicher, und die Zahl der in denselben einlaufenden Fahrzeuge beläuft sich im Durchschnitte jährlich auf 7–800. Die Stadt ist Sitz der Kreisbehörden, besitzt als Seestadt namentlich seemännische Bildungsanstalten, mehre Fabriken, z.B. von Bernsteinwaaren, und treibt Schiffbau. Durch das neuere russ. Handelssystem, das besonders auf die Provinzen Ost- und Westpreußen sehr nachtheilig wirkt, hat auch M. viel gelitten, und die Geschäfte können beiweitem nicht mehr so schwunghaft betrieben werden, als in frühern Zeiten. – Memel ist auch der deutsche Name des Flusses Niemen, der im russ. Gouvernement Minsk entspringt, die Statthalterschaften Grodno und Augustowo durchströmt und westl. von Kowno bei Schmalteninken, an 500 Schritte breit das preuß. Gebiet betritt. Zwei Meilen über Tilsit theilt er sich in zwei Arme, die Russe und Gilge, zwischen denen die durch Fruchtbarkeit berühmte tilsiter Niederung liegt, und mündet, 22 M. weit schiffbar, ins kurische Hass.

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Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1839., S. 108.
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