Narbe

[238] Narbe wird im Allgemeinen das sichtbare Merkmal einer früher stattgehabten Verletzung und diejenige organische Substanz genannt, welche die widernatürlich getrennt gewesenen Theile eines lebenden Körpers wiederum miteinander verbunden hat. In der Regel versteht man jedoch unter Narbe vorzugsweise nur die Hautnarbe, während man andere Narben durch Hinzufügung der Benennung desjenigen Gebildes näher bezeichnet, in welchem sie vorkommen, so z.B. von einer Muskelnarbe u.s.w. spricht. Eine jede Narbe überhaupt kommt dadurch zu Stande, daß entweder die blutig getrennten Flächen eine gerinnbare Lymphe, in die sich Gefäße hineinbilden, ausschwitzen und dann verheilen, oder indem nach Vorausgang von Eiterung aus eben den Theilen Zellgewebe hervorwächst, welches sich in Hügelchen erhebt, mit vielen Gefäßen durchzogen wird und nach und nach sich zusammenzieht und befestigt. In Folge der Zusammenziehung der zu ihrer Bildung beitragenden Theile wird jede Narbe kleiner als die Wunde oder überhaupt als die Eiterfläche, die ihr vorherging und dies je mehr, je schlaffer die umgebende Haut und je weicher die tiefer gelegenen Gebilde an jenen Orten sind. Eine Narbe vermag schädlichen Einflüssen nie so gut zu widerstehen, als die frühere Haut, bricht auch bei innern Krankheitszuständen leicht wieder auf und heilt langsamer, wenn sie verletzt wird. Je [238] mehr Festigkeit eine Narbe gewinnt, desto weißer wird sie an Farbe im Vergleich zu ihrer Umgegend (was besonders bei Erhitzungen und dadurch herbeigeführtem Rothwerden der übrigen Haut auffallend ist) und zwar, weil sie selbst nur wenig blutführende Gefäße enthält. Die einzelnen Narben unterscheiden sich wieder vielfach durch Gestalt, Ausdehnung, Dicke, Festigkeit und Farbe. Diese Verschiedenheit macht es möglich, nicht nur auf die Beschaffenheit der vorausgegangenen Wunden zu schließen, sondern sogar die Natur und Ursache selbst vor langen Jahren vernarbter Wunden und Geschwüre mit völliger Sicherheit zu bestimmen.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1839., S. 238-239.
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