Ut, Re, Mi, Fa, Sol, La

[548] Ut, Re, Mi, Fa, Sol, La, sind die Sylben, mit welchen der im 11. Jahrh. in Italien lebende Benedictinerabt zu Avellana, Guido, gebürtig von Arezzo, der sich um die Ausbildung von Musik und Gesang große Verdienste erwarb, die aufeinander folgenden diatonischen (s. chromatisch) Töne der Hexachorde (d.h. Folgen von sechs Tönen) benannte, in deren drei er zuerst die ganze Reihe der zu seiner Zeit üblichen diatonischen Töne abtheilte. Die Benennung bildete er nach den Anfangssylben der halben Verse einer lat. Hymne an Johannes den Täufer:


Ut queant laxis Re sonare fibris

Mi ra gestorum Fa muli tuorum

Sol ve polluti La bii reatum

Sancte Johannes.


Dabei war es Hauptregel, daß halbe Töne immer Mi und Fa bezeichnet werden sollten, was aber, wenn eine Melodie den Umfang eines Hexachords überschritt, nur durch Veränderung der Folge jener Sylben möglich war, bei der sie auch zur Benennung anderer, wie der sechs Töne des ersten Hexachords, dienten. Die Italiener benennen daher die sechs Töne c d e f g a noch einen jeden mit den Guidonischen Sylben, welche seiner regelmäßigen alten Bezeichnung zukamen, und c ist bei ihnen Sol, fa, ut; d = La, sol, re; e = La, mi; f = Fa, ut; g = Sol, re, ut; a = La, mi, re. Für h sagen sie B mi, für b aber B fa. Von den Franzosen werden die Töne unserer jetzigen Tonleiter auch noch, jedoch ohne Veränderung mit den Sylben Ut = c, Re = d u.s.w., unter Hinzufügung von Si (den Anfangsbuchstaben der Schlußworte der obigen lat. Strophe) für h benannt. Beim Singen nach den Sylben ut, re, mi, fa, sol, la, si, oder der sogenannten Solmisation gebrauchen die Italiener für ut auch das wohlklingendere do. Die mit € erhöhten Töne benennen die Italiener durch Hinzufügung des Beiworts diesis (z.B. cis = Sol, fa, ut, diesis), die durch b erniedrigten mit Beifügung von bemolle; auch die Franzosen sagen Dièse bei erhöhten, bémolle bei erniedrigten Tönen. Von Deutschen brachte unter Andern Graun die Sylben da, me, ni, po, tu, la, be, zur Solmisation vorübergehend in Aufnahme, die deshalb in der Musik als die Graunschen Sylben, sowie die zu gleichem Zweck angewendeten La, be, ce, de, me, fe, ge, als Labisation bekannt sind.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1841., S. 548.
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