Lawinen

[302] Lawinen. Berge, welche die Schneegrenze übersteigen, also immer mit Schnee bedeckt sind, wie die höheren der Schweiz, von Tirol und die meisten der Andes in Amerika, bieten eine eigene Erscheinung dar, die der Lawinen. Ist der Schnee hart gefroren, so entsteht die minder gefährliche Staublawine, eine nicht zusammengeballte, doch ziemlich dichte Schneemasse, welche mit donnerähnlichem Geräusch von den hohen Gebirgen hernieder stürzt, eine beträchtliche Masse Luft vor sich her treibt, einen Sturm verursacht, der nicht selten Bäume und Häuser niederreißt, selbst aber mit ihrer[302] Schneemasse Alles, was in ihrem Wege ist, verschüttet und überdeckt. Doch bleibt hier für Menschen sowohl als für die bedeckten Gebäude noch Rettung, man kann den Schnee ausgraben. Schrecklicher aber sind, und von einer furchtbaren unwiderstehlichen Kraft die Sturz-, Schlag- oder Stoßlawinen, auch weil sie nach Thauwetter kommen, im Gegensatz zu den vorigen kalten, warme Lawinen genannt. Diese ist ein 100–1000 Fuß hoher Schneeball, aus dem halb aufgethauten weichen Schnee entstanden, zermalmt nicht nur Alles, was sie überfällt, sondern füllt auch ganze Thäler aus und bildet, indem sie Flüsse zudämmt, Seen, welche oft dreißig und mehr Jahre lang bestehen, bis die ungeheuere Schneemasse verzehrt und aufgelöst ist.

V.

Quelle:
Damen Conversations Lexikon, Band 6. [o.O.] 1836, S. 302-303.
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