Protestantismus

[298] Protestantismus. Als Luther das Werk der Reformation begonnen hatte, traten bald mehrere Stände des deutschen Reichs der neuen Lehre bei. Natürlich fürchtete der päpstliche[298] Stuhl den Verlust seines Ansehens und wendete alle nur erdenkliche Mittel an, dieses zu retten. Deßhalb wurde der Reichstag zu Speier veranlaßt, durch ein Decret einzuschreiten, welches befahl, daß bis zu einer künftigen allgemeinen Kirchenversammlung weitere Neuerungen in Kirchensachen verhütet, die Messe ferner nicht abgeschafft, auch an den Orten, wo die neue Lehre schon überhand genommen, nirgend gehindert, keine aufrührerischen Predigten gehalten und keine schmähenden Schriften gedruckt werden sollten. – Gegen diesen Beschluß legten die der neuen Lehre beigetretenen Stände am 19. April 1529 eine förmliche Protestation ein, und erhielten daher den Namen Protestanten, den sie sich von nun an auch selbst beilegten. Sie erklärten, daß sie in Sachen, welche Gottes Ehre und ihrer Seelen Heil beträfen, nur Gott als den höchsten Richter ansehen könnten, und daß keine gewissere Predigt sei, als allein bei Gottes Wort zu bleiben und einen Text mit und aus dem andern zu erklären und auszulegen. – Der Name Protestanten bezeichnet mithin sowohl die Glieder der lutherischen, als die der reformirten Kirche, und alle kirchliche Parteien, welche in Religionsangelegenheiten menschliche Beschlüsse nicht anerkennen. Der P. strebt fort und fort nach hellerem Licht in der Erkenntniß göttlicher Wahrheiten. Er gestattet also Freiheit der Meinung in Religionssachen, sobald diese mit der heiligen Schrift und mit symbolischen Büchern übereinstimmt. Der Gottesdienst der Protestanten ist einfach und darauf berechnet, daß die Religiosität mehr in Gesinnung und Wandel sich offenbare, als in äußern erhebenden Formen. (S. Reformation.)

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Quelle:
Damen Conversations Lexikon, Band 8. [o.O.] 1837, S. 298-299.
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