Sänften

[53] Sänften, oder Tragsessel waren schon früh im Orient bekannt: in ihrer höchsten Ausbildung aber fanden sie sich bei den Römern der spätern Zeit vor. Hier waren es tragbare Sopha's oder Kanape's, an deren Füßen auf beiden Seiten lange, meist massiv vergoldete Querstangen hin liefen, mittelst welcher eigends zu diesem Geschäfte gehaltene reichgeschmückte Sclaven sie auf ihren Schultern in sanfter Schwebung tactmäßig forttrugen. Zuweilen war über diese künstlichen, tragbaren Ruhebetten eine Art von Baldachin gespannt, durch dessen Vorhänge man sich gegen den Staub und Sonnenschein schützte, und die Blicke der Neugierigen entfernt abhielt; doch fanden meist die gefallsüchtigen Römerinnen mehr Geschmack an den ganz offenen Tragebetten; ihnen konnte ja eine Mode nur höchst willkommen sein, wobei sie sich immer in der vortheilhaftesten Stellung, in der einladendsten Attitüde, in schmachtendem Liebreiz hingegossen, zeigen konnten. Sie nahmen gern vor den Augen der ganzen schönen Welt Roms, auf diesen Sänften eine halb liegende, halb sitzende Stellung mit alle dem Anstande und der sorgfältigen Beobachtung des Faltenwurfs in den Gewändern, worin die Römerinnen eine ganz eigene Würde und Grazie zu legen wußten. – Im Mittelalter bedienten sich vornehme Frauen auf ihren Reisen einfacher Tragbahren, die man während der Kreuzzüge im Orient kennen gelernt hatte In Spanien wurden sie seit der[53] Maurenzeit gewöhnlich. Die noch jetzt gebräuchlichen, eigentlichen Portechaisen kamen unter Ludwig XIV. auf. Ueber die Sänften in Indien s. Palankin.

–r.

Quelle:
Damen Conversations Lexikon, Band 9. [o.O.] 1837, S. 53-54.
Lizenz:
Faksimiles:
53 | 54
Kategorien: