Trauer

[185] Trauer, die, ist ein vorzüglicher, charakteristischer Theil der Sittengeschichte der Völker. Vieles hierüber, sowie über die Beerdigungsfeierlichkeiten überhaupt, ist in dem Artikel Grabmäler gesagt worden. Hier nur noch folgende ergänzende Notizen: Die T. zerfällt jetzt bekanntlich in eine tiefe um die nächsten, in eine Halbtrauer um entferntere Verwandte, und in die Austrauer, als der Beendigung der Trauerzeit. Die Hoftrauer bezieht sich auf die Hofdienerschaft, die Kammertrauer nur auf die fürstlichen Personen und ihre nächste Umgebung. Beim Ableben eines Landesherrn oder seiner Gemahlin oder Witwe tritt die Landtrauer ein. Alles dieß ändert sich jedoch von Jahr zu Jahr, und die Zeit macht an die Trauerförmlichkeiten immer neue und zwar geringere Forderungen. Die Trauerfarben sind bei vielen Völkern verschieden. Trauern die Europäer gewöhnlich schwarz, so bedienen sich die Syrer der himmelblauen oder violetten Farben. Am franz. Hofe (wenigstens bisher) trauert der König ebenfalls violett, die Königin bei Lebzeiten ihres Gemahls kastanienbraun, als Witwe weiß. Die alten Könige von Castilien wurden weiß, der Doge von Venedig roth betrauert. Die Aegypter trauern dunkelgelb, die Aethiopier grau oder braun, die Chinesen und Japanesen weiß, die Türken blau. Der Wahl dieser Farben liegt fast immer eine tiefere Bedeutung zu Grunde. So wähnen z. B. die Syrer, das Himmelblaue bezeichne den Ort, den man den Todten wünscht. Die Aegypter sind der Meinung, das Dunkelgelbe stelle das Ende des Lebens und aller irdischen Hoffnungen vor, weil die verwelkten [185] Blätter auch gelb werden. In Aethiopien gründet sich die Wahl der Trauerfarbe auf die der Muttererde, wohin die Todten zurückkehren. Durch die weiße, als Trauer der Chinesen und Japanesen gewählte, Farbe soll die Reinheit des Lebens der Verstorbenen angedeutet werden.

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Quelle:
Damen Conversations Lexikon, Band 10. [o.O.] 1838, S. 185-186.
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