Ordnung

[60] Ordnung (ordo, diathesis) ist die feste Bestimmtheit des Zusammen von Mannigfaltigkeitselementen in Raum, Zeit oder Causalität, in der Außen- oder Innenwelt, die Verteilung, Einteilung, Gliederung nach Zusammengehörigkeiten. Die Ordnung der Naturphänomene wird uns nicht fertig »gegeben«, sondern muß erst von unserem Intellecte gesetzt, (nach-)construiert werden, allerdings schon auf Grundlage der Bestimmtheiten der Wahrnehmungsdata.

Nach ARISTOTELES ist Ordnung im Sinne von Disposition (diathesis) tou echontos merê taxis (Met. IV 19, 1022b 1). Nach AUGUSTINUS ist »ordo« »parium dispariumque distribuens loca dispositio« (De civit. Dei XIX, 13). Nach THOMAS ist »ordo« »determinata relatio partium ad invicem« (11 met. 12a). Nach MICRAELIUS »dispositio parium et disparium, suum cuique locum tribuens« (Lex. philos. p. 770). Es gibt »ordo doctrinae« und »naturae« (l. c. p. 771). Nach SPINOZA ist »ordo et connexio idearum idem ac ordo et connexio rerum« (Eth. II, prop. VII). CHR. WOLF definiert: »Ordo est similitudo obvia in modo, quo res iuxta se invicem collocantur, vel se invicem consequuntur« (Ontolog. § 472). Ordnung ist die »Ähnlichkeit des Mannigfaltigen in dessen Folge auf- und nacheinander« (Vern. Ged. I, § 132). BONNET bemerkt: »Les êtres coexistent ou se succèdent sous des rapports en vertu desquels ils conspirent à un certain but. De cette relation de coexistence ou de succession l'esprit déduit la notion de l'ordre« (Ess. analyt. XV, 257). Nach HOLBACH ist die Naturordnung »la nécessité envisagée relativement à la suite des actions ou la chaîne liée des causes et des effets« (Syst. de la nat. p. 58).

KANT betont: »Die Ordnung und Regelmäßigkeit... an den Erscheinungen, die wir Natur nennen, bringen wir selbst hinein« (Krit. d. r. Vern. S. 134), nämlich durch unsere apriorischen (s. d.) Anschauungs- und Denkformen (s. Kategorien, Axiome, Natur). – Nach AHRENS heißt ordnen »ein Ganzes in der inneren relativen Selbständigkeit der Teile oder Glieder regeln« (Naturrecht I, 279). RÜMELIN unterscheidet die theoretische Ordnung der Gedanken und die praktische Ordnung. Er nimmt als Quelle des Rechts einen »Ordnungstrieb« an (Red. u. Aufs. II, 344). Nach G. SPICKER ist die Ordnung der Welt im letzten Grunde schon vorhanden, »vorzeitlich, ewig, wie alle Formen und Gesetze« (Vers. ein. neuen Gottesbegr. S. 123). M. PALÁGYI betont die »unwandelbare Ordnung« der Natur, von der jede Naturforschung ausgehen muß (Logik auf d. Scheidewege S. 163 f.). Nach H. CORNELIUS liegt der begrifflichen Gestaltung der Erkenntnisse der objectiven Welt »als unverbrüchliches Gesetz die Ordnung zugrunde, welche durch den Mechanismus der Bildung[60] unserer Begriffe selbst bedingt ist« (Einl. in d. Philos. S. 326). Vgl. SIGWART, Log. I2, 326, 369 f.. II2, 10, 695 ff. – Vgl. Recht, Gesetz.

Quelle:
Eisler, Rudolf: Wörterbuch der philosophischen Begriffe, Band 2. Berlin 1904, S. 60-61.
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