Barth, Paul

[46] Barth, Paul, Prof. in Leipzig. Herausgeber der Vierteljahrsschrift für wissenschaftliche Philosophie und Soziologie.

Von Spencer, Riehl und Wundt beeinflußt. Der Wille ist das Movens in der Geschichte, in welcher von der Stufe des assoziativen die des apperzeptiven, [46] aktiven Geisteslebens zu unterscheiden ist. Soziologie und Geschichtephilosophie sind eins. »Eine vollkommene Soziologie... würde sich mit der Geschichtsphilosophie ganz und gar decken.« Es gibt nur eine Wissenschaft der Schicksale der menschlichen Gattung, die Geschichtsphilosophie und diese ist Soziologie. Die Soziologie ist der »Versuch der Wissenschaft der Veränderungen, die die Gesellschaften in der Art ihrer Zusammensetzungen erleiden« (Ph. d. G. I, 4 ff.). Gegenstand der Soziologie sind die »prinzipiell wichtigen Veränderungen des menschlichen Willens«. Die Gesellschaft ist ein »geistiger Organismus, ein System von Willenseinheiten«. Das soziale Leben ist wesentlich Willensleben, und der Wille verbindet sich mit seinesgleichen, um besser den Kampf ums Dasein zu führen. Schon verhältnismäßig früh wird die Gesellschaft dem Einflusse des apperzeptiven, wissenschaftlichen Denkens unterworfen. In der Geschichte sind Ideen als geistige Kräfte wirksam (gegen den Marxismus); sie haben einen direkten oder indirekten Einfluß auf das Leben und pflanzen sich von Geschlecht zu Geschlecht fort. Auch die Geschichte der Erziehung hat B. soziologisch untersucht. Die Pädagogik baut er auf psychologischer und ethischer Grundlage auf, mit Berücksichtigung der experimentellen Arbeiten. Die Erziehung definiert er als die »Fortpflanzung der Gesellschaft«.

SCHRIFTEN: Die Geschichtsphilos. Hegels u. der Hegelianer, 1890. – Die Philos. d, Geschichte als Soziologie l, 1897. – Der Beweggrund des sittlichen Handelns, 1899, – Die Stoa, 2. A. 1908. – Die Elemente der Erziehungs- u. Unterrichtslehre, 2. A. 1908. – Abhandlungen soziologischen u. geschichtsphilos. Inhalts in der Vierteljahrsschr. f. wiss. Phil. (Bd. 23 u. a., besonders: Geschichte d. Erziehung).

Quelle:
Eisler, Rudolf: Philosophen-Lexikon. Berlin 1912, S. 46-47.
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