Fichte, Immanuel Hermann

[173] Fichte, Immanuel Hermann, geb. 1797 in Jena (als Sohn Joh. Gottlieb Fichtes), Prof. in Bonn und Tübingen, gest. 1879 in Stuttgart.

F. vertritt einen (von Kant, J. G. Fichte, Hegel, Herbart u. a. beeinflußten) »ethischen Theismus«. In erkenntnistheoretischer Beziehung ist er Ideal-Realist: die Außenwelt ist ihm Erscheinung eines Systems realer, dynamisch bestimmter Wesen geistiger Art. Kräfte sind die »realen Wesen« durch ihre Verbindung mit anderen und durch ihre Behauptung der Qualität. Die Anschauungs- und' Denkformen sind apriorisch, aber objektiv gegründet. Der Raum ist die unmittelbare Folge der Selbstbehauptungen der realen Wesen, eine Expansionstat. Der »göttliche Raum« ist die Grundbedingung jeder Wechselwirkung.

Auch die Seele ist ein raumsetzendes Wesen. Sie ist ein individuelles, beharrliches Reale, eine »Geistesmonade« mit vorempirischen Anlagen und Trieben, ein »Triebwesen«. Sie ist dynamisch ganz in ihrem Leibe. Das Bewußtsein ist der ideale Ausdruck der Seele; es ist nicht produktiv, sondern begleitet nur die (an sich unbewußten) seelischen Vorgänge. Gott ist der Welt immanent, aber auch ein transzendenter, absoluter, persönlicher Geist, schöpferisches Denken, welches der Welt vorangeht. Persönlichkeit ist die höchste Form des Seins. Gott ist selbstbewußte Persönlichkeit, welche alle endlichen Wesen in sich befaßt, sie zum System einer Weltordnung verknüpft. Gott wirkt in der Welt, offenbart sich in Natur und Geschichte.

SCHRIFTEN: Über Gegensatz, Wendepunkt und Ziel heutiger Philosophie, 1822 f. – Das Erkennen als Selbsterkennen, 1833. – Grundz. z. Syst. d. Philos., 1833 f. – Ontologie, 1836. – Die Idee der Persönlichkeit und der individuellen Fortdauer, 1834; 2. A. 1855. – Spekulative Theologie, 1846-47. – System der Ethik, 1850-53. – Anthropologie, 1856; 3. A. 1876. – Zur Seelenfrage, 1859. – Psychologie, 1864 f. – Die Seelenfortdauer und die Weltstellung des Menschen, 1867. – Vermischte Schriften, 1869. – Die theistische Weltallsicht, 1873, u. a. – Vgl. C. C. SCHERER, I. H. F. n. seine Gotteslehre, 1902.

Quelle:
Eisler, Rudolf: Philosophen-Lexikon. Berlin 1912, S. 173.
Lizenz: