Siebentes Kapitel.

Die Diadochen.

[236] Aus dem Weltreich Alexanders gehen eine Anzahl von Teilreichen hervor, die gegründet von seinen Generalen, recht eigentlich das sind, was wir Militär-Monarchie nennen, ein Ausdruck, den man von Alexanders Herrschaft noch nicht gebrauchen darf. Das größte dieser Teilreiche, Syrien, entbehrt jeder natürlichen, nationalen oder geographischen Grundlage; Ägypten hat, wenn auch keine einheitliche nationale, doch eine geographische Basis; Mazedonien bewahrt einigermaßen den Charakter eines Nationalstaats.

Die Heere, die diese Staaten zusammenhalten, sind wesentlich Söldnerheere; die in großer Menge einströmenden Barbaren werden dabei dem macedonisch-griechischen Wesen mehr oder weniger assimiliert. Die Qualität der Truppen mag insofern zurückgegangen sein, als der romantisch-idealistische Schimmer, der die Welteroberung und die Person Alexanders umschwebte, auch einen Abglanz auf sein ganzes Heer geworfen haben wird und dieser Hauch verloren ging, da nun in den ideenlosen Kämpfen der Teilkönige untereinander das Kriegführen zum bloßen Geschäft herabsank. Aber Söldnerheere haben als Be rufs-Kriegertum immer die virtuose Tüchtigkeit jedes fachmäßig geübten Tuns, und es liegt kein Grund vor, diese den hellenistischen Heeren der nächsten anderthalb Jahrhunderte abzusprechen. Drillmeister und fleißiges Exerzieren werden uns ausdrücklich bezeugt.121 Der ursprüngliche[236] kriegerische Schwung, den die Macedonier noch aus ihrer Halbbarbarei mitgebracht oder unter dem Impuls der beiden großen Könige empfangen hatten, wurde ersetzt durch die militärische Kunstfertigkeit. Ein Teil dieser Söldner bildet ein stehendes Heer.122

Nach drei Seiten bietet uns diese Zeit kriegsgeschichtliche Fragen. Da sind zuerst die Elefanten.

Diese neue Waffe bildet das eigentliche Problem der Epoche. Wie wurde sie in den überlieferten Organismus eingefügt? Wie wurde sie, sei es mit der Infanterie, sei es mit der Kavallerie, kombiniert? Wie weit erstreckte sich die Rückwirkung des neuen Elements auf die Funktionen der älteren? Wie gestaltete sich das Gefecht, wenn auf beiden Seiten Elefanten waren?

Ein zweites Problem bietet die innere Entwicklung der Phalanx, die allmähliche Verlängerung der Sarisse.

Eine dritte Frage ist die Fortbildung des Verhältnisses der Waffen untereinander. Köchly und Rüstow haben die Ansicht aufgestellt, daß allmählich die Kavallerie die allein ausschlaggebende Waffe geworden sei; sie sei fortwährend gewachsen; die Phalanx habe eigentlich nicht mehr gefochten, sondern den Ausgang der Reiterschlacht abgewartet und sich ihm ihrerseits unterworfen.

Unmittelbar aus der Kriegsgeschichte dieser Zeit kann man wenig entnehmen. Wir haben zwar Erzählungen genug (Diodor und Plutarch), aber sie sind im höchsten Grade unzuverlässig. Wohl mag manches Richtige darunter sein, aber es ist nicht mit Sicherheit von dem Falschen zu unterscheiden. Vieles mag immerhin[237] glaubhaft genug erscheinen, um es einfach nachzuerzählen, aber es ist nicht glaubhaft genug, um, wie unser Zweck es verlangt, Schlüsse darauf aufzubauen.

Die Elefantenfrage wollen wir behandeln, nachdem wir die weiteren Schlachten, in denen die Tiere vorkommen, an uns haben vorüberziehen lassen, bis zur letzten, der Schlacht von Thapsus.

Die Sarissenfrage wollen wir ebenfalls erst behandeln, wo sie uns praktisch entgegentritt, bei den letzten Schlachten der Macedonier mit den Römern. Auch König Pyrrhus von Epirus, der militärisch dem Kreise der Nachfolger Alexanders angehört, wird am besten im Zusammenhang der römischen Kriegsgeschichte seine Stelle finden.

Die dritte Frage, nach dem Verhältnis von Infanterie und Kavallerie, können wir sofort erledigen, indem wir sie aufheben. Prüft man die Quellen näher, so zeigt sich nämlich, daß die tatsächliche Voraussetzung Rüstow-Köchlys nicht zutrifft; das Zahlenverhältnis hat sich nach Alexander nicht wesentlich verändert.

Abgesehen von den Elefanten und der Verlängerung der Sarissen hat also das macedonische Kriegswesen nach Alexander eine Veränderung nicht mehr erfahren, und wir können daran gleich anschließen, daß auch die griechischen Staaten, die sich in einer unsicheren Selbständigkeit behaupteten, die vervollkommnete Kriegskunst der Macedonier, endlich auch die Sarisse nachahmten.

Erstaunlich ist, daß, als die Gallier ins Land fielen, die Nachfolger Alexanders sich ihnen nicht gewachsen zeigten. An den Persönlichkeiten lag es nicht; vielmehr scheint unverkennbar, daß alle Kunst der Kriegführung noch nicht ausreichte, der natürlichen Gewalt des kriegerischen Mutes der Barbaren zu widerstehen. Erst die große Macht des syrischen Königs Antiochus I. mit seinen Elefanten soll den Galliern Halt geboten haben, die Überlieferung hat von ihm das Wort aufbewahrt: »Ich schäme mich, daß wir diesen sechzehn Tieren unsere Rettung verdanken.« Über die Einzelheiten dieser Vorgänge sind wir jedoch nicht genügend unterrichtet.


1. Die Ansicht Rüstows und Köchlys, daß die REITEREI an Zahl und Bedeutung in dieser Zeit noch gewachsen sei, hat schon Ad. Bauer nicht mehr in seine Darstellung aufgenommen. Die überlieferten Zahlen (Droysen p. 134) haben im großen und ganzen dasselbe Verhältnis an Infanterie[238] und Kavallerie, wie es schon im Heere Alexanders war, etwa 5-7: 1. Die Abweichungen nach oben und unten mögen durch besondere Umstände bedingt sein, über die wir auch mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit Vermutungen aufstellen können. Hierbei entfällt die Frage, die Droysen p. 154 aufwirft und nicht zu beantworten weiß, weshalb in der späteren hellenistischen Zeit plötzlich die Phalanx wieder eine so große Bedeutung gewonnen und die Reiterei sie verloren habe.

Ich stelle der besseren Übersicht halber die überlieferten Zahlen, die ich freilich damit keineswegs als durchweg glaubwürdig hinstellen will, tabellarisch zusammen.[239]


7. Kapitel. Die Diadochen

2. In der Schlacht bei Krannon (Diodor XVIII., 17) siegte die griechische Kavallerie über die macedonische, obgleich jene nur 3500, diese 5000 Pferde zählte. Das griechische Fußvolk aber, nur 25000, wurde von dem macedonischen, über 43000 Mann stark, geworfen. Die Griechen sollen im Vertrauen auf die Tüchtigkeit ihrer Reiter diese vor die Phalanx (πρὸ τῆς τῶν πεζῶν φάλαγγος) gestellt haben. Die griechische Phalanx zog sich auf ein höher gelegenes Gelände zurück und wehrte dadurch den Andrang der feindlichen Phalanx ab. Die siegreichen griechischen Reiter kehrten um, als sie den Rückzug ihrer Phalanx bemerkten, ohne aber weiter in die Schlacht einzugreifen.

Der Vorgang ist unklar.

3. Von Eumenes erzählen Diodor und Plutarch, daß er in kluger Voraussicht sich mit einer zahlreichen und tüchtigen Reiterei versehen habe; durch sie besiegte er erst den Neoptolemos und überwindet auch dessen Phalanx, als diese, schon siegreich gegen seine Infanterie, ihre Ordnung aufgelöst hat. In dem zweiten Gefecht kommt es nicht zu einem Kampf mit der Infanterie, da Eumenes, nachdem er die feindliche Kavallerie durch seine Übermacht (5000 gegen 2000) geschlagen, mit der feindlichen Phalanx Verhandlungen anknüpft, um sie zum Übertritt zu bewegen.

4. Das Treffen bei Orkynia ist kriegsgeschichtlich nicht zu verwerten, da es durch Verrat entschieden wurde.

5. Bei Kretopolis hatte Antigonus eine so große Übermacht, und der Bericht Diodors ist überdies so wenig anschaulich, daß kriegsgeschichtlich aus dem Treffen nichts zu gewinnen ist.

6. Von der Schlacht in Parätakene zwischen Antigonus und Eumenes (317) gibt uns Diodor (XIX, 27-31) eine eingehende Schilderung; ich habe jedoch Bedenken, ob man viel davon als historisch betrachten darf. Ohne auf die vielen Einzelheiten einzugehen, will ich hier nur die Punkte hervorheben, die mir, ganz abgesehen von der generellen Unzuverlässigkeit der Quelle, das Ganze verdächtig machen.

Diodor gibt die Stärke im ganzen und im einzelnen sehr genau an: die Zahlen aber stimmen, wie schon Rüstow und Köchly bemerkt haben (S. 371 Anmk.), untereinander nicht.

Eumenes soll vor seinem linken Flügel im Haken 45 Elefanten mit Bogenschützen und Schleuderern in den Intervallen aufgestellt haben, (πρὸ δὲ τούτων ἁπάντων ἔταξεν ἐλέφαντας μὲν ἐπικαμπίῳ τετταρακοντα πέντε, τοξότας δὲ καὶ σφενδονήτας ἐν τοῖς τῶν θηρίων διαστήμασι τοὺς ἱκανούς). Rüstow und Köchly fassen diesen Haken als einen vorgeborgenen auf. Unmöglich ist das nicht, aber man sieht den Grund nicht ein: ein vorgebogener Haken, wenn er nicht eine unbedingt sichernde Anlehnung im Terrain hat, setzt sich immer selbst der Überflügelung aus.

Im Zentrum stand das Fußvolk, auf dem rechten Flügel wieder Kavallerie und davor 80 Elefanten mit Leichtbewaffneten. Wir fragen: weshalb standen die Elefanten auf dem einen Flügel im Haken, im Zentrum[240] und auf dem anderen Flügel vor den anderen Truppen? Wie sollte die Phalanx hinter den 40 Elefanten, die ihr zugeteilt waren, agieren? Soll sie, ihnen nachrückend, auf die feindliche Phalanx losstürmen, nachdem diese durch die Elefanten in Unordnung gebracht ist? Auch Antigonus soll Elefanten vor seine Phalanx gestellt haben. In der Darstellung aber hören wir nachher von diesen beiderseitigen Elefanten kein Wort; die Phalangen gehen aufeinander los, wie gewöhnlich.

Antigonus soll beobachtet haben, daß der rechte Flügel des Feindes durch Elefanten und die besten (κρατίστοι) Reiter besonders stark war. Nach Diodors eigener Erzählung aber war eine größere Zahl von Elefanten und die erhebliche Überzahl an Reitern gerade auf dem andern Flügel.

Auch Antigonus soll, wie seine Gegner, die Elefanten seines linken Flügels im Haken (παρὰ δὲ τὸ κέρας. ... ποιήσας ὲτικάμπιον) aufgestellt haben. Rüstow und Köchly fassen diesen Haken als einen zurückgebogenen auf.

Antigonus schritt in schräger Schlachtordnung, den rechten Flügel voran, zum Angriff. Trotzdem soll nicht dieser, sondern gerade sein zurückgehaltener, linker Flügel den Angriff eröffnet haben. Er bestand wesentlich aus leichten Reitern, die sich scheuend, gerade auf die Elefanten loszugehen, die Gegner aus der Flanke zu packen suchten. Da Eumenes mit seinen schweren Reitern sich ihnen nicht gewachsen fühlte, so holte er Verstärkung an leichten Reitern von dem andern Flügel.

Man fragt, weshalb er nicht seine Elefanten, die er ja unmittelbar bei der Hand hat, gegen die feindlichen Reiter einschwenken läßt und ganz besonders, wie er es wagen kann, seinen linken Flügel, der von dem feindlichen Offensiv-Flügel ja aufs stärkste bedroht ist, so zu schwächen.

Mit Hilfe der Verstärkung, indem nun auch die Elefanten mitwirken, aber bloß »folgen« (ἐπακολουθούντων), besiegt Eumenes den feindlichen linken Flügel; ebenso besiegt seine Phalanx, an Zahl überlegen (35000 gegen 28000), die feindliche.

Während dieses Gefechts hat sich der angeblich vorgeschobene Offensiv-Flügel des Antigonus völlig passiv verhalten. Man sollte meinen, das siegreiche Heer des Eumenes unter seiner vortrefflichen Führung detachiert nunmehr einige Abteilungen in die Flanke und den Rücken des noch stehenden feindlichen Flügels, um den Sieg zu vollenden. Statt dessen erzählt uns Diodor, wie die siegreichen Truppen des Eumenes sich sämtlich mit nichts anderem beschäftigten, als die Geschlagenen zu verfolgen; der linke Flügel aber bleibt stehen, so daß die Schlachtordnung auseinanderreißt. In diese Lücke wirft sich Antigonus mit seinen Reitern und schlägt den bisher passiven, durch die Detachierung geschwächten Flügel des Gegners, und auf diese Nachricht hin machen seine geschlagenen Truppen wieder Halt und Eumenes ruft die Seinigen von der Verfolgung zurück. Wie es möglich sein soll, daß, wenn acht Neuntel eines Heeres in voller Flucht sind, ein Teilsieg des letzten Neuntels eine Schlacht wieder herstellt, ist schwer einzusehen.[241] Bei seinen wohldisziplinierten Truppen hätte es Eumenes wohl möglich sein müssen, einige Abteilungen noch aus der Verfolgung herauszurufen und damit dem Antigonus den Rest zu geben.

Völlig unverständlich und abenteuerlich ist vollends die nunmehr folgende Erzählung Diodors, wie die beiden Heere die halbe Nacht durch auf 400 Fuß Entfernung nebeneinander herziehen.

7. In der Schlacht in Gabiene (316) soll wiederum (Diodor XIX, 40-43) Eumenes 60 seiner besten Elefanten im Haken (ἐν ἐπικαμπίῳ) vor seinen linken Flügel (πρὸ τοῦ κέρατος παντός) gestellt haben, den Rest ebenso wie Antigonus vor die Front.

In dem Reitergefecht des linken Flügels wird Eumenes, ohnehin an Kavallerie schwächer und von einem Korps verräterisch im Stich gelassen, geschlagen. Von seiner großen Überzahl an Elefanten wird nicht berichtet, daß sie ihm etwas genützt habe. Wir hören nur, daß die Elefanten gegeneinander gekämpft und daß das führende Tier dieser Seite im Kampf mit einem Gegner fiel.

Im Kampf der Infanterie siegt die an Zahl wie an Qualität überlegene Phalanx des Eumenes vollständig; sie tötet dem Gegner 5000 Mann, ohne selbst einen einzigen zu verlieren. Von den Elefanten und Leichtbewaffneten, die vor der Front gestanden haben sollen, ist nicht die Rede.

Auch von dem Kampf auf dem anderen Kavallerie-Flügel, den beide Parteien zurückhalten, hören wir nichts.

Jetzt hätte sich eine sehr eigentümliche Schlacht entwickeln müssen, da auf der einen Seite eine sehr starke und tüchtige Infanterie (36700 Mann) mit vielen Elefanten gegen Kavallerie (9000) mit nur halb so viel Elefanten stand. Die Überlegenheit scheint unbedingt auf der ersten Seite, der des Eumenes, sein zu müssen, um so mehr, da dieser auch noch einen Teil seiner Kavallerie zur Verfügung hat. Die Phalanx weist auch, Karree formierend, einen Angriff der Kavallerie des Antigonus ab, dann aber wird das kriegerische Ereignis plötzlich abgebrochen, da die Truppen des Eumenes ihren Feldherrn verraten und ihn dem Feinde ausliefern. Antigonus hatte während der Schlacht durch seine überlegenen Reiter das Lager des Eumenes, wo auch die Weiber und Kinder der Soldaten waren, einnehmen lassen, und das soll die Stimmung der Soldaten so beeinflußt haben, obgleich man nicht sieht, weshalb man sich nicht schleunigst in Bewegung setzte, um die Eingedrungenen wieder zu verjagen. Das Lager lag nur 1500 Schritt hinter dem Schlachtfeld.

8. Gaza (312) würde eine kriegsgeschichtlich sehr interessante Schlacht sein, wenn wir nur irgend einen zuverlässigen Bericht hätten. Nach dem einzigen, der uns vorliegt (Diodor XIX, 80-84) war Demetrius an Kavallerie (5000123 gegen 4000) und Elefanten (40), die dem Gegner,[242] (Ptolemäus) ganz selten, überlegen, während dieser an Infanterie (18000 gegen 11000 schwere, »sehr viele« gegen 18000 leichte) bei weitem stärker war. Wir müßten daher etwas Ähnliches wie in der Schlacht in Gabiene erwarten. Von einem Kampf der Palangen hören wir aber überhaupt nichts. Der Kampf spielt sich ausschließlich zwischen dem linken Flügel des Demetrius, bestehend aus Reitern, 30 Elefanten und Schützen, und dem rechten des Ptolemäus, ebenso zusammengesetzt, ausschließlich der Elefanten, ab. Hierbei müßte Demetrius die Überlegenheit gehabt haben. Aber Ptolemäus hat gegen die Elefanten ein eigentümliches Hilfsmittel gefunden. Er läßt vor seinem rechten Flügel mit Ketten verbundene eisenbeschlagene Palissaden aufstellen. Wodurch dieses Pfahlwerk die Tiere aufhalten sollte, ist nicht deutlich gesagt. Man kann nicht in der Schleunigkeit Pfähle so einrammen, daß sie Elefanten Widerstand leisten. Später bei der Beschreibung des Gefechts wird auf die weichen Füße der Tiere hingewiesen und daß sie sich an dem Pfahlwerk aufgespießt hätten: danach würde man eine Art Fußangeln oder, wie H. Droysen gemeint hat, umgekehrte Eggen vermuten müssen, die mit Ketten verbunden wurden, damit sie nicht weggenommen werden konnten. Aber weder hat χάραξ diese Bedeutung, noch würde sie uns sachlich viel weiter helfen. Das Hinlegen und Aneinanderketten der »Eggen« vollzieht sich doch vor den Augen des Feindes. Die Reiter, scheint's, haben es auch gesehen und konsequenterweise, da jedes derartige Hindernis das eigene Vorgehen ebenso aufhebt, wie das feindliche, entspinnt sich das Reitergefecht auf dem äußersten Flügel und zieht sich durch eine Umgehung der Ptolemäer noch weiter nach dieser Seite, vermeidet also das »Pfahlwerk«. Bloß die, für die es bestimmt ist, nämlich die Elefanten bleiben dabei, statt ihre bekannte Einwirkung auf die feindlichen Reiter auszuüben, geradeaus dahin zu gehen, wo sie erwartet werden. Hier empfangen sie die Leichtbewaffneten mit Wurfgeschossen, das Pfahl- oder Eggen-Werk hält sie auf und verletzt sie; sie werden gefangen genommen; darüber erfaßt die tapferen und anfänglich siegreichen Reiter des Demetrius der Schrecken, sie entfliehen, und die Schlacht ist verloren.

Die ganze Schilderung ist eine Wachtstuben-Geschichte, von der man kein Wort in eine historische Darstellung aufnehmen darf.

Bei dem künstlichen Hindernis gegen die Elefanten könnte man an das denken, was Diodor XVIII, 71 erzählt ist. Es ist aber etwas ganz Anderes. Damis, um bei der Belagerung von Megalopolis eine Bresche für die Elefanten ungangbar zumachen, läßt Bretter legen, durch die starke Nägel geschlagen sind, und diese leicht mit Erde bedecken. Darüber können die Elefanten natürlich nicht hinweg, aber es handelt sich hier um eine schmale bestimmte Strecke in einer reinen Defensive, man hat genügende Zeit für die Arbeit und kann sie vor dem Feinde verbergen.

9. Über die Schlacht bei Ipsus (301) haben wir neben einigen Trümmern Diodors (XXI, 1) nur einen ganz kurzen Bericht in Plutarchs Demetrius (cap. 29). Die Verbündeten hatten bei etwa gleich starker[243] Infanterie und Kavallerie eine sehr große Überlegenheit an Elefanten 400 (oder 480) gegen 75. Demetrius schlug zunächst die feindliche Kavallerie und verfolgte sie; als er umkehrte, stellten sich ihm die feindlichen Elefanten in den Weg, so daß er weder die feindliche Phalanx angreifen, noch die Flanke der eigenen schützen konnte. Bedroht durch den Rest der feindlichen Reiter, ging darauf die Phalanx des Antiochus zum Teil zu seinen Gegnern über.

Könnten wir diesem Bericht unbedingt trauen, so wäre Ipsus die erste Schlacht, die die Elefanten entschieden haben. Am Hydaspes, in Parätakene, in Gabiene, bei Gaza ist es immer die an Elefanten starke Partei, die unterlegen ist, und auch bei Ipsus führen sie eine eigentliche taktische Entscheidung nicht herbei.

10. Der Sieg des Antiochus über die Gallier ist erzählt bei Lucian im »Zeuxis oder Antiochus« (ed. Jacobitz I, S. 398). Die Erzählung ist ziemlich ausführlich, aber wenig glaubwürdig. Die Gallier sollen Sichelwagen gehabt haben; das syrische Heer soll in der Mehrzahl aus Leichtbewaffneten bestanden haben. Der Sieg wird ausschließlich durch die 16 Elefanten entschieden, deren Anblick den Galliern völlig neu ist. Die Pferde machen sofort Kehrt und fahren mit den Sichelwagen durch die Reihen der eigenen Leute; eine allgemeine Panik ergreift die Barbaren und fast das ganze Heer kommt um oder wird gefangen genommen.


Quelle:
Hans Delbrück: Geschichte der Kriegskunst im Rahmen der politischen Geschichte. Berlin 1920, Teil 1, S. 236-244.
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