Tagesbezeichnung

[961] Tagesbezeichnung. Die Tagesbezeichnung im Mittelalter ist eine fünffach verschiedene; die älteste ist:

1. Die altrömische Datierung nach Kalenden, (Anfang des Monats), Iden (Mitte des Monats) und Nonen (9. Tag vor den Iden, diesen und den Tag der Iden mitgerechnet); nur der sprachliche Ausdruck dieser Datierung ist etwas anders geworden.

2. Die heutige Tagesbezeichnung, vom 1. bis 28., 29., 30. oder 31.

3. Die consuetudo Bononiensis, seit dem 11. Jahrhundert vorkommend; darnach heisst der erste Teil des Monats mensis intrans und wird vorwärts gezählt, der zweite Teil des Monats bis zum Schlusse mensis stans, astans, exiens und wird rücklaufend gezählt. In Deutschland findet sich diese Rechnung selten S und erst seit der Mitte des 13. Jahrhunderts.

4. Die Tagesbezeichnung nach Festen und Heiligentagen, sei es, dass die Datierung direkt dem Feste oder Heiligentage selbst entnommen, sei es, dass sie durch Bezeichnung der Wochentage vor oder nach einem solchen Tage beschafft wurde.

Die mittelalterlichen Wochentags-bezeichnungen (über ihre Bedeutung und Entstehung siehe den besonderen Artikel) sind:

Sonntag: feria dominica, feria prima, dies Solis, lux Dei, Frontag, Sunnetac.

Montag: feria secunda, dies Lunae, Montac.

Dienstag: feria tertia, dies Martis, Eritag, Erchtag, Zistag, Zinstag u.s.w., Aftermontag.

Mittwoch: feria quarta, dies Mercurii, [961] Wodenstag, media septimana, Mittwochen.

Donnerstag: feria quinta, dies Jovis, Donnerstag, Phinstag.

Freitag: feria sexta, dies Veneris, Fro Venustag, Fridach.

Sonnabend: dies Saturni, Sambestag, Sunnabend.

Bei der Festbezeichnung sind folgende stehende Ausdrücke erwähnenswert:

Festum, deutsch fest, hôhgezîte, dult, wird jeder grössere Feiertag genannt.

Vigilia, pervigilium, deutsch abend, vorabend, bannfasten; dies pro festo, profestum, deutsch vorfest, vorfir, vorhochtid, der foddere tagh bedeutet den Tag vor einem Feste. Vigilia vigiliae, praevigilia, vorfirabend kommt regelmässig bei Weihnachten, Pfingsten und Allerheiligen, einzeln bei andern grössern Festen vor. Die crastino, sequenti die, proximo die, am lateren dage, morgens, mornentz heisst immer am unmittelbar folgenden Tage nach dem Feste. Octava, der achte Tag ist insofern der achte Tag nach einem Feste, als stets Anfangs- und Endtermine mitgezählt werden.

Eine seit dem 14. Jahrhundert viel verbreitete Art der Datierung nach Festen und Heiligentagen geschieht mit Hilfe des Cisiojanus, d.h. aus den Anfangssilben der grössern Festtage und willkürlichen Einschiebseln zusammengestoppelter Memorierverse. Der Vers des Januar lautet:


Cisio Janus Epi sibi vindicat Oc Feli Mar An

Prisca Fab Ag Vincen Ti Pau Po nobile lumen.


Das will heissen: Der Januar macht Anspruch auf das edle Licht der Beschneidung Christi, circumcisio, (1), auf Fpiphania (6), Oktava Domini, d.h. Weihnachtsoktave (1), St. Felix (14), St. Marcellus (16), St. Anton eremita (17), St. Prisca (18), St. Fabianus et Sebastianus (20), St. Agnes (21), St. Vincentius levita (22), St Timotheus (24), St. Pauli conversio (15), St. Polycarpus (26). Der Cisio Janus wird mehrfach als Unterrichtsgegenstand erwähnt und wurde öfters in deutsche Verse übertragen; da lautet z.B. der April:


Aprill und Bischof Ambrosius

Faren doher und sprechen alsus.

Die Ohren wellen Tirburtium bringen,

So wil Valerianus das Alleluja singen.

Sprechen Jörg und Marx zur Hand,

Wüsste das Petermeylant.

Siehe Pickel, das heilige Namenbuch von Konrad von Danngrotzheim mit einer Untersuchung über den Cisio Janus. Strassburg 1878. Der ganze Artikel nach Grotefend, Handbuch der historischen Chronologie. Hannover 1872. §. 11–17.

Quelle:
Götzinger, E.: Reallexicon der Deutschen Altertümer. Leipzig 1885., S. 961-962.
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