Laomedon

[1432] LAOMEDON, ontis, Gr. Λαομέδων, οντος, ( Tab. XXXI.) des Ilus und der Eurydice Sohn, heurathete nach einigen die Strymno, Skamanders Tochter, nach andern aber, die Placia, eine Tochter des Atreus, und zeugete mit ihr den Tithon, Lampon, Klytius, Hicetaon und Podarkes, und von Töchtern die Hesione, Cilla und Astyoche. Apollod. l. III. c. 11. §. 3. Er kam im 3454 Jahre nach der jul. Zeitrechnung, nach seinem Vater zur Regierung, und führete solche auf 36 Jahre. Petav. Rat. Temp. P. II. c. 10. Er bauete in dieser Zeit vornehmlich die Mauern um Troja. Denn da Neptun und Apollo damals eben wegen ihres Verraths wider den Jupiter aus dem Himmel verbannet und gezwungen waren, dem Laomedon ein ganzes Jahr lang um einen gewissen Lohn zu dienen, so brauchete er den Neptun zur Aufführung der Mauern, und den Apollo, sein Vieh zu hüten. Nach Verlaufe des Jahres aber weigerte er sich, ihnen den Lohn zu geben, und drohete, ihnen Nasen und Ohren abzuschneiden, und sie als Sclaven zu verkaufen. Hom. II. Φ. 443. & Eustath. ad ill. Nach einigen verstelleten sie sich nur, als ein Paar Reisende [1432] und handelten mit ihm wegen Erbauung der Stadtmauern. Er versprach ihnen dafür entweder das zu opfern, was selbiges Jahr in seinem Königreiche wachsen würde, oder doch eine namhafte Summe Geldes zur Bestellung ihres Gottesdienstes. Allein, da die Mauren fertig waren, so wußte er von seinem Versprechen nichts, und ließ also beyde Götter leer abziehen. Aus Unwillen darüber schickete Neptun ein grausames Seethier ab, welches alles verschlang, was es erreichen konnte. Laomedon fragete des Apollo Orakel um Rath, wie er dem Uebel abhelfen sollte. Dieser befahl, dem Seethiere eine trojanische Jungfer nach der andern zu verschlingen vorzugeben. Als nun solchergestalt schon viele ihr Leben eingebüßet hatten, so traf das Loos endlich auch dessen Tochter, die Hesione. Sie war dem Ungeheuer bereits ausgesetzet, als Herkules dazu kam, und sich erboth, dasselbe hinzurichten, und sie zu befreyen, wenn ihm Laomedon dieselbe und seine Pferde geben wollte, die über das Wasser und die stehenden Kornähren hinweg laufen konnten. Laomedon verhieß beydes, und Herkules erfüllete sein Versprechen mit seiner größten Gefahr, indem ihn das Ungeheuer selbst verschlang, und er drey Tage sich mit Zerschneidung dessen Eingeweides zerarbeitete, ehe es verreckte, wobey er, von der Hitze in dessen Wanste, alle Haare auf dem Kopfe einbüßete. Lycophr. v. 33. & Tzetz. & Canter. ad h. l. Allein, da er hernach solche abforderte, so versagete ihm Laomedon beydes. Herkules brachte darauf eine Flotte zusammen, griff ihn an, und erlegete ihn, das Reich aber gab er dem Priamus, oder Podarkes, dessen Sohne, und die Hesione seinem guten Freunde und Gefährten, dem Telamon. Hygin. Fab. 89. Cf. Meziriac comment. sur les epitr. d'Ovid. T. I. p. 446. Nach einigen schickte Herkules seinen Bruder, den Iphiklus, und Telamon an ihn, die Hesione und Pferde abzuholen: Laomedon aber steckte beyde ins Gefängniß, und, ungeachtet Priamus es eifrigst widerrieth, so würde er sie [1433] doch haben hinrichten lassen, wofern ihnen nicht Priamus ein Paar Schwerter heimlich zugebracht, mit denen sie sich durch die Wache schlugen, und also wieder zu den Ihrigen kamen. Herkules griff ihn darauf, nach einigen, sogleich an, nach andern aber that er solches erst einige Zeit hernach; Diod. Sic. l. IV. c. 50. p. 165. wie er denn bis achtzehn Schiffe von funfzig Rudern soll zusammen gebracht haben, mit denen er nach Asien übergegangen. Oikles, der über dieselbe gesetzet war, wurde vom Laomedon angegriffen, und erleget: welcher aber dem Herkules weichen, und sich in die Stadt einschließen lassen mußte, da solcher mit seinen Völkern auf Troja zu marschiret war. Telamon erstieg zuerst die Mauern, wobey Herkules den Laomedon, nebst dessen Söhnen, mit Pfeilen erschoß, den einigen Podarkes ausgenommen, die Hesione aber dem Telamon zur Belohnung seiner Tapferkeit gab. Apollod. l. III. c. 6. §. 4. cf. Ovid. Met. XI. v. 196. Virgil. Aen. II. v. 610. & ad eum Serv. l. c. Sein Grab war über dem scäischen Thore zu Troja und dessen Zerstörung eines von den prophezeyten Vorzeichen des Unterganges dieser Stadt Serv. l. c. v. 241. & III. 351. Cf. Meziriac. l. c. p. 70. 71. Wie es aber ein offenbares Gedicht ist, was von dem Neptun und Apollo dießfalls vorgegeben wird: also ist es nicht unwahrscheinlich, daß darunter die Schätze verstanden werden, die in beyder Götter Tempeln gewesen, Laomedon aber genommen, und die Mauren dafür mit erbauet habe. Herodot. ap. Farnab. ad Ovid. l. c. v. 204. Cf. Meziriac l. c. p. 448. Uebrigens bezeuget er, daß der Meyneid und die Undankbarkeit nicht leicht unbestrafet bleiben. Omeis Mythol. in Laomedon.

Quelle:
Hederich, Benjamin: Gründliches mythologisches Lexikon. Leipzig 1770., Sp. 1432-1434.
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