Peregrinus Latiosus, S. (6)

[763] 6S. Peregrinus Latiosus, Conf. (30. April al. 1. Mai). Dieser Heilige war zu Forli (Forum Livii) in der Romagna im J. 1260 geboren und der einzige Sohn wohlhabender Eltern. Seine Vaterstadt, die sich gegen den Papst empört hatte, mißhandelte den heil. Philippus Benitius (s.d.), der im Auftrage des Papstes als Friedensstifter dahin gekommen war. Der junge Mann nahm thätigen Antheil an seiner Vertreibung, schlug ihn sogar mit der Faust ins Angesicht. Aber dessen unüberwindliche Geduld – er bot dem Wüthenden auch die andere Wange – und ohne Zweifel auch seine Fürbitte, machten einen so tiefen Eindruck auf sein Gemüth, daß er sogleich seinen Fehler bitter bereute u. den Heiligen unter häufigen Thränen um Verzeihung bat. Der hl. Philippus umarmte und tröstete den Büßer, ermahnte ihn zur schleunigen Besserung des Lebens und empfahl ihm besonders eine kindliche Andacht zur Mutter des Erlösers, was ihm Peregrinus auch mit dem aufrichtigsten Vorsatze versprach. – Von jetzt an sah man den früher so leichtsinnigen Jüngling stets eingezogen und ernst. Besonders betete er oft und inbrünstig in der Kapelle der Madonna del Furco in der Domkirche S. Croce. Eines Tags sah er die Himmelskönigin wirklich vor sich stehen und hörte sie sagen: »Gehe nach Siena, dort wirst du gottselige Männer finden, die sich meine Diener nennen; geselle dich zu ihnen!« Peregrinus gehorchte der göttlichen Eingebung auf der Stelle und empfing das Ordenskleid. Mit glühendem Eifer betrat Peregrinus die ihm angewiesene Heilsbahn. Seine Lebensart war äußerst streng; es war sein Grundsatz, man dürfe auf dem Weg der Tugend nie stehen bleiben, sondern man müsse immer vorwärts gehen, um das vorgesteckte Ziel zu erreichen. Ebenso pflegte er zu sagen, man müsse sich im Kloster stets des Stillschweigens und der Einsamkeit befleißen, weil ein Ordensgeistlicher, der gerne in einsamer Stille lebe, auch sicher viele andere Tugenden besitze. Nachdem der hl. Peregrinus einige Jahre zu Siena ver lebt hatte, schickten ihn seine Obern nach Forli zurück, auf daß er seine Geburtsstadt durch seinen so schnell erworbenen Tugendglanz erbauen und die Stiftung eines neuen Ordenshauses daselbst betreiben möchte. Als Priester war er ein Muster treuer und eifriger Erfüllung seines Amtes; ernst und erbaulich in Ausspendung der hl. Geheimnisse, mächtig im Worte, unermüdet und glühend in Bekehrung der Sünder. Als ein bösartiges Fußgeschwür ihm das Fleisch bis an die Beine wegfraß, und einen so übeln Geruch um ihn verbreitete, daß Niemand ohne Widerwillen sich ihm nahen konnte, litt er die damit verbundenen Schmerzen mit so heldenmüthiger Geduld, daß er jene, die ihn zu trösten kamen, selber aufmunterte, weßhalb man ihn überall nur einen zweiten Job nannte. Endlich nahm das Uebel so überhand, daß die Aerzte es für nothwendig fanden, ihm den Fuß abzunehmen, um sein Leben zu fristen. Gott vertrauend schleppte er sich in der Nacht vor der beschlossenen Abnahme des Fußes, während Alles schlief, in die Kapelle des Klosters, warf sich vor einem Crucifixe nieder und schickte glühende Gebete zum Vater der Erbarmung. Da befiel ihn ein sanfter Schlummer, und sieh', er ward geheilt, daß nicht einmal eine Narbe mehr zu sehen war. Als am andern Morgen die Wundärzte kamen, rief ihnen der Heilige entgegen: »Ich habe euch nun nicht mehr nöthig, der allmächtige Arzt der Seele und des Leibes hat meinen Fuß geheilt.« Wie groß war das Erstaunen, als die Aerzte bei Untersuchung des Fußes keine Spur der vorigen Wunden mehr finden konnten. Durch diese außerordentliche Begebenheit wurde die Hochachtung der Einwohner von Forli noch höher gesteigert. Der hl. Peregrinus erreichte das 80. Lebensjahr und ging den 1. Mai 1345 im allgemeinen Rufe der Heiligkeit in die Freude des Herrn ein. Durch die zahlreichen Wunder, die an seinem Grabe geschahen, nahm die Verehrung des Volkes immer mehr zu, so daß Papst Benedict XIII. im J. 1725 sich bewogen fand, ihn heilig zu sprechen. Die Serviten begehen mit großer Andacht am 30. April seinen Festtag. (III. 836.)


Quelle:
Vollständiges Heiligen-Lexikon, Band 4. Augsburg 1875, S. 763.
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