Chateaubriand

[69] Chateaubriand (frz. Schatobriang), François Auguste, Vicomte de, geb. 4. Sept. 1769 zu St. Malo, franz. Schriftsteller und Staatsmann. In ersterer Beziehung ist sein Ruhm als Dichter unbestritten; sein Styl ist glänzend und frei, seine Empfindung tief und wahr, und er hat dadurch der neueren Richtung der franz. Literatur Bahn gebrochen. Weniger befriedigt er als historisch-politischer Schriftsteller; seine derartigen Schriften sind zu sehr mit den eigenen persönlichen Rücksichten und Eindrücken gesättigt, werden vielfach schwülstig, wo man Klarheit der Beweisführung od. Entwicklung erwartet und leiden überhaupt an einem gewissen gespreizten Wesen. Als Staatsmann war er Royalist; er kehrte von seiner Reise in Amerika zurück, als die Revolution immer bedrohlicher für den König wurde, emigrirte und focht unter Condé gegen die Republikaner, kehrte aber nach dem 18. Brumaire zurück und gewann durch seine Schriften die Gunst Bonapartes. Er wurde von ihm zu einigen untergeordneten diplomatischen Sendungen gebraucht, trat aber nach der Hinrichtung des Herzogs von Enghien aus dem Dienste. 1814 schrieb er zu Gunsten der Bourbonen, wurde in Gent Minister Ludwigs XVIII., erhielt aber 1816 seine Entlassung wegen einer Schrift für die Monarchie nach der Charte. Nun zeigte er sich wieder ganz royalistisch, wurde 1820 Gesandter in Berlin, 1821 auf kurze Zeit Minister, 1822 Gesandter in London, dann Bevollmächtigter in Verona, wo er die franz. Intervention in Spanien bewirkte, durch die er 2 Dinge zu erreichen gedachte: eine einflußreiche Stellung für Frankreich gegenüber den Großmächten und militärischen Ruhm für die Bourbons. 1823 wurde er Minister des Auswärtigen, den 6. Juni 1824 aber wieder entlassen und blieb nun bis 1830 ein Feind Villeles und der Jesuiten; nach Villeles Sturz 1828 ging er als Gesandter nach Rom, jedoch nur auf kurze Zeit. Nach der Julirevolution verweigerte er als Pair der Regierung den Eid, lebte aber unangefochten in Frankreich, begab sich jedoch zeitenweise nach England, Deutschland und der Schweiz. Während dieser Zeit bis zu seinem Tode 4. Juli 1848 war er so ziemlich verschollen und verfiel in den [69] wiewohl nationalen Fehler seiner Landsleute von sich selbst zu sprechen, wenn die Welt nicht von ihm sprechen wollte. Vollständige Ausgaben seiner Werke veranstaltete er 1826 und 1836; sein Congrès de Verone erschien 1838; la vie de Rancé 1844, seine Memoiren (Mémoires dʼoutre tombe 1849–50 erschienen) entsprachen nicht annähernd den Erwartungen, die ihre Ankündigung von C. erregt hatten. Seine besten Werke: »Atala, Génie du Christianisme, les Martyrs, Itineraire de Paris à Jerusalem et de Jerusalem à Paris« sind vielfach herausgegeben u. auch ins Deutsche übersetzt worden.

Quelle:
Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1854, Band 2, S. 69-70.
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