Chateaubriand

Chateaubriand

[404] Chateaubriand (François Auguste, Vicomte de), einer der ausgezeichnetsten jetzt lebenden franz, Schriftsteller, zugleich Geschichtsschreiber, Staatsmann und Redner, ein ritterlicher Vertheidiger der Religion und des Königthums, geb. 1769 zu Combourg in der Bretagne, ist der Sohn eines Fischhändlers Lepretre, der nach dem Ankaufe eines der ausgestorbenen Familie von Chateaubriand zuständig gewesenen Gutes den Namen derselben annahm.

C. trat im 17. Jahre [404] in Kriegsdienste, allein die ersten Schreckensscenen der Revolution veranlaßten ihn, 1789 sich nach Nordamerika zu begeben, wo er einige Zeit unter den Wilden lebte, jedoch bald nach Europa zurückkehrte, 1792 unter den Fahnen der Emigranten focht, nach einer bei Thionville erlittenen Verwundung aber nach England flüchtete, wo er seiner bedrängten Lage durch literarische Arbeiten abzuhelfen suchte. Nach dem 18. Brumaire (s.d.) kam C. nach Frankreich zurück und begann seine eigentliche Wirksamkeit als politischer Schriftsteller und Staatsmann, indem er mit mehren ausgezeichneten Gelehrten Herausgeber des »Mercure de France«, 1803 franz. Gesandtschaftssecretair in Rom und Gesandter in Wallis wurde. Nach dem Tode des Herzogs von Enghien entsagte er aber 1804 dem Staatsdienst wieder und unternahm 1806 seine große Pilgerfahrt über Griechenland nach Jerusalem, von wo er über Ägypten und Spanien 1807 zurückkehrte und unter Anderm auch ein Fläschchen Wasser aus dem Jordan mitbrachte, welches er später zur Taufe des Herzogs von Bordeaux der Herzogin von Berri (s.d.) überreichte. Wie seine anfangs ausgesprochenen liberalen politischen Ansichten gab C. bald auch seine wenig rechtgläubigen religiösen auf und schon 1802 erschien in London sein »Geist des Christenthums«, welches Werk viel zur Wiederherstellung der Kirche in Frankreich beitrug und auch den Beifall Napoleon's erhielt. Seine Feder gegen die Bourbons zu gebrauchen, ließ sich C. aber weder durch Versprechungen noch Drohungen bewegen; gleichwol enthalten mehre seiner Schriften Stellen zum Lobe Napoleon's, dessen Größe ihm Bewunderung abnöthigte und die auszusprechen äußere Verhältnisse ihn zwangen. Als er aber 1814 seinen Wunsch, die Bourbons wieder auf dem franz. Throne zu sehen, erfüllt sah, trat er mit seiner berühmten Schrift: »Bonaparte und die Bourbons« auf das Entschiedenste wider den Gestürzten auf, wurde nach dessen zweiter Vertreibung im Aug. 1815 Minister, Pair von Frankreich und 1816 Mitglied der Akademie, aber die in seiner bald darauf erschienenen Schrift: »Die Monarchie nach der Charte«, ausgesprochenen Ansichten hatten seine Entlassung aus dem Ministerium zur Folge und machten ihn zum eifrigen Gegner des Herzogs Decazes (s.d.). Von 1820–24 war C. nacheinander franz. Gesandter in Berlin, Staatsminister und Geheimrath, Gesandter in London, wohnte 1822 dem Congreß zu Verona bei, war dann Minister der auswärtigen Angelegenheiten und erhielt endlich seine Entlassung, weil er mit dem Minister Villèle wegen Herabsetzung der franz. Renten nicht übereinstimmte. Nach dem Regierungsantritt Karl X. schrieb er heftig gegen das Ministerium, vertheidigte die von demselben bekämpfte Preßfreiheit und die Sache der Griechen schriftlich und in kräftigen Reden in der Pairskammer. Nachdem er 1829 die das Jahr vorher angenommene Botschafterstelle in Rom wieder niedergelegt, trat er ins Privatleben zurück und beschäftigte sich mit Herausgabe seiner Werke. Die Julirevolution rief ihn jedoch wieder auf die politische Bühne und mit Wärme nahm er sich des Herzogs von Bordeaux gegen Ludwig Philipp an, dem er auch den Eid der Treue verweigerte und darum aus der Pairskammer trat, wodurch er ein jährliches Einkommen von 12,000 Fr. einbüßte. C. verließ hierauf freiwillig Frankreich, wohin er aber bald zurückkehrte, seine Talente fortwährend der vertriebenen Dynastie widmete, gegenwärtig aber, scheinbar mit dem Hofe Ludwig Philipp's ausgesöhnt, in Paris lebt, wo er seine Memoiren beendigt hat, die aber erst nach seinem Tode vollständig erscheinen sollen.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1837., S. 404-405.
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