Chili

[85] Chili oder Chile (Tschili), südamerik. Republik, ein 282 M. langer und 35 M. breiter Küstenstreifen zwischen dem stillen Ocean und der Andeskette, nebst der Insel Chiloë, gränzt [85] nördl. an Bolivia und Peru, östl. an Buenosayres, südl. an Patagonien. Das Gebiet ist durchgängig gebirgig, in Längen- und Querthäler gespalten, mit Hochflächen u. hohen Berggipfeln, z.B. der Vulkan Aconcuagua (s. d. A.), Tupungato, 20000', Descabezado, 19000' hoch etc. Das Klima wird durch Meer und Gebirge sehr gemäßigt und ist vorzüglich gesund; der Boden erzeugt die europ. Halm- und Baumfrüchte, Tabak, Manioc, in den wärmern Küstenstrichen Baumwolle und Indigo, vortreffliches Bauholz, alles Gegenstände der Ausfuhr. Der Bergbau ist sehr wichtig und liefert Gold, Silber, Kupfer, Eisen und Blei, ebenfalls zur Ausfuhr. Die europ. Hausthiere gedeihen vorzüglich; im Gebirge ist das Lama einheimisch. Die Einwohnerzahl wird auf 1140000 angegeben, theils christliche Indianer, theils europ., hauptsächlich span. Abkunft; die Einwanderung hat in neuester Zeit sehr zugenommen. Der Wohlstand des Landes, als einer der wenigen amerikan. Republiken, die nicht durch periodische Kriege und Aufstände beunruhigt werden, ist in erfreulicher Zunahme begriffen; ein Haupthinderniß ist wie in Brasilien, Mexiko etc. der Umstand, daß ungeheuere Landstrecken einzelnen Besitzern angehören, die nur pachtweise Stücke davon abgeben. Die Größe der Republik wird auf 6600 □M. berechnet; Eintheilung in 13 Provinzen: Altacama, Coquimbo, Aconcagua, Santiago, Valparaiso, Colchagua, Talca, Maule, Nubla, Concepcion, Valdivia, Arauco, Chiloë. Die Verfassung ist der nordamerik. nachgebildet; der Präsident wird auf 5 Jahre gewählt, der gegenwärtige ist Manuel Montt. Das Büdget der Ausgaben für 1852 betrug 4276755 Dollars; die auswärtige Staatsschuld 1822 in England contrahirt, beträgt 1493000 Pfd. Sterling, die innere 2138674 Doll. Ausfuhr und Einfuhr werden beide zu 15 Mill. Thlr. berechnet. Das stehende Heer besteht aus 2700 M. aller Waffengattungen, die Seemacht aus 7 Schiffen zu 88 Kanonen; die Handelsmarine aus 230 Schiffen zu 23800 Tonnen. Haupthandelsplätze sind: die Hauptstadt St. Jago, die Hafenstädte Valparaiso und Valdivia. – C. war in seinen nördl. Theilen zur Zeit der Entdeckung durch die Spanier eine Provinz des Inkareichs von Peru; 1535 drang Almagro ein und 1570 vollendete Valdivia die Eroberung des Landes; die Araucaner (s. d. A.) hielten sich jedoch gegen die Spanier und sind auch noch jetzt unabhängig. Mit dem 16. Jahrh. begann die Colonisirung; anfangs wurde C. zu Peru geschlagen, erhielt jedoch unter Karl III. einen eigenen Generalcapitän. 1810 empörte sich auch C. gegen Spa nien, unterlag jedoch wegen einheimischen Spaltungen. Der Marsch des General San Martin aus Buenosayres über die Anden 1814, die Schlacht von Maypu den 5. April 1818 entriß C. den Spaniern und machte es möglich von da aus eine Expedition nach Peru gegen jene zu unternehmen und eine Verfassung C.s zu Stande zu bringen. Indessen dauerte bis 1828 der Kampf zwischen der militär. und bürgerlichen Partei, wo letztere die Oberhand gewann und bisher behauptete. 1837 erklärte C. an Peru den Krieg, als Santa Cruz Peru u. Bolivia vereinigen und das Inkareich wiederherstellen wollte, zu dem auch C. gehört hatte; flüchtige Chilesen von der Militärpartei hielten es mit Santa Cruz. Die erste Expedition wurde von den Peruanern bei Arequipa geschlagen, die 2. jedoch gelang und Santa Cruz wurde gestürzt; seitdem, 1839, hatte C. Frieden. Anerkannt wurde C.s Unabhängigkeit durch die span. Regierung im Jahr 1844.

Quelle:
Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1854, Band 2, S. 85-86.
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